Meran von seiner schönsten Seite
Obermais ist ruhig und grün, aber nur einen Spaziergang vom Meraner Stadtzentrum entfernt. Antoinette Schmelter-Kaiser hat hier mit ihrem Mann in zwei Hotels der Gastgeberfamilie Ellmenreich-Amort gewohnt – das Adria mit nostalgischem Jahrhundertwende-Flair, das Mignon mit Wohlfühl-Eleganz und großem Park. Dazu noch einen Ausflug zu Meran 2000 und einen Abstecher ins Schloss Trauttmansdorff.
Menschen sind Gewohnheitstiere. Das gilt auch für mich. Aus diesem Grund hatte ich bislang in Meran immer die gleiche Einflugschneise: vom Parkhaus bei der modernen Therme in die mittelalterliche Laubengasse mit ihren vielen Geschäften und anschließend zum Schlendern, Eisessen und Cappuccino- und/oder Aperol-Trinken auf die Passerpromenade am Ufer des gleichnamigen Flusses.
Umso erstaunter bin ich, dass Meran noch ganz andere Seiten hat – und das nur ein paar Schritte entfernt: Obermais nennt sich der 1923 eingemeindete Stadtteil in Hanglage nördlich des Zentrums, den üppige Parks und Gärten rund um Villen, historische Ansitze und Schlösser prägen. Denn schon früher wussten Adelige diese grüne und ruhige, aber zugleich stadtnahe Gegend zu schätzen. Genau hier begann die touristische Entwicklung von Meran 1840 mit Dr. Mazegger’s Kaltwasseranstalt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kamen mehr und mehr Kurgäste, darunter Berühmtheiten wie Kaiserin Elisabeth alias Sisi, Wassily Kandinsky, Stefan Zweig, Franz Kafka & Co.
Hotel Adria: Jugendstil Juwel mit neuer Ausrichtung
Als standesgemäße Herberge wurde 1886 – damals noch umgeben von Weinbergen und Streuobstwiesen – das Hotel Austria eröffnet, das die Meraner Zeitung damals als „stattliches Gebäude im gefälligen Renaissance-Style“ beschrieb und dem sie attestierte: „Die gesamte innere Ausstattung muss als sehr comfortable bezeichnet werden.“ Mittlerweile wurde das Austria nach dem letzten Besitzerwechsel an Thekla Glatt 1983 in Adria umbenannt. Außerdem sind im Zuge der Modernisierungen ein Hallenbad, ein kleiner, feiner Sauna- und Spa-Bereich und ein Erweiterungsbau dazu gekommen. Das Ambiente von anno dazumal umgibt Gäste auch heute noch mit Stuck, Kronleuchtern, freigelegten Terrazzo- und Parkettböden, verschnörkelten Treppen- und Balkongeländern, dem Original-Aufzug von 1914, einer verglasten Vitrine im Flur mit nostalgischen Reiseführern, Stadtplänen sowie sepiafarbenen Fotos und Teekannen aus schwerem Hotelsilber mit gehäkelten Griffüberziehern, damit sich niemand die Hände verbrennt. Aus gutem Grund gehört das denkmalgeschützte Jugendstil-Juwel zu „Historic South Tyrol“: einem Zusammenschluss historischer Hotels und Gasthöfe in Südtirol.
Bis zur Corona-Pandemie gab es im Hotel Adria Halbpension. Aber weil laut Hoteldirektor Florian Ellmenreich in „20 Minuten Laufentfernung 30 Restaurants liegen“, wurde das Angebot auf ein üppiges Frühstückbüffet umgeändert. Mit frischem Brot, Kuchen und Obst, Säften zum Selbstpressen, Käse, Schinken, Salami und auf Wunsch zubereiteten Eierspeisen haben Gäste eine gute Grundlage, um in Meran oder die Umgebung auszuschwärmen. Tipps für die besten Ziele gibt es von den netten Mitarbeiterinnen an der Rezeption oder in der Infomappe, die in allen Zimmern und Suiten liegt.
Achzig unterschiedliche Gartenlandschaften in Trauttmansdorff
Weil es schon lange auf meiner Wunschliste steht, entscheiden wir uns zuerst für einen Besuch von Trauttmansdorff. Das gleichnamige Schloss umgeben zwölf Hektar mit 80 unterschiedlichen Gartenlandschaften, die auf einem terrassierten, über 100 Meter ansteigenden Gelände um die Wette grünen und blühen. Hier duftet es nach Lavendel, dort blühen Hortensien, Sonnenblumen und Seerosen, dazwischen ragen Palmen, Zypressen und Mammutbäume empor – herrlich! Unsere Highlights sind außerdem der Matteo Thun’sche „Gucker“ sowie ein 15 Meter langer Steg vor der Voliere als schwindelerregende Aussichtspunkte und der Garten für Verliebte, wo Kunstwerke, Zitate und phantasievolle Pavillons inmitten eines seichten Wasserbassins um das größte aller Gefühle kreisen. Zum Schluss begeben wir uns im Touriseum auf eine multimediale Reise durch 250 Jahre Südtiroler Tourismusgeschichte, die von Goethe bis in die Gegenwart ebenso unterhält wie informiert.
Nach einer Verschnaufspause im Garten unseres Hotels spazieren wir am frühen Abend im Schatten großer Bäume auf der Sommerpromenade an der erstaunliche wilden Passer entlang bis zum Franz- Tappeiner-Steg und auf dem gegenüberliegenden Ufer an der romantischen Wandelhalle vorbei, um deren Säulen sich Glyzinien winden, bis zum klassizistischen Kurhaus. Zum Abendessen kehren wir – schon wieder Richtung Hotel Adria – im Lokal 357 ein, das eine Empfehlung vom Hotel Adria ist. Anders als in den Restaurants im Zentrum lassen sich hier nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische leckere Pizza und Schiacciata schmecken, die ohne Tomaten und Mozzarella zubereitet wird.
Hoch hinaus in Meran 2000
Die vertilgten Kalorien trainieren wir am nächsten Morgen bei einer Wanderung in Meran 2000 wieder ab. In nur sieben Minuten transportiert uns die größte Seilbahn Südtirols von der Tal- zur Bergstation, neben der eine kleine Haflinger-Herde und Kühe weiden. Nach einem Streichel-Stopp laufen wir über immer schmaler werdende Wege zwei Stunden lang bis zum Kratzberger See hoch oben über dem Sarntal. Türkisfarben, glasklar und erfrischend kalt kuschelt er sich am Fuß schroffer Felsen in eine Mulde – genau das Richtige, um unsere Füße zu kühlen. Ein Gänsehaut-Ganzkörperbad verkneifen wir uns aber. Schließlich erwarten uns am Nachmittag wohltemperierte Pools im Hotel Mignon, das ebenfalls in Obermais liegt und der gleichen Besitzerfamilie wie das Adria gehört. In diesem 5-Sterne-Haus werden wir noch vor dem Einchecken mit feuchten, warmen Frotteetüchern empfangen. In unserem Zimmer warten zwei weiße Bademäntel, in denen es per Aufzug zur Pool Oase mit Innen- und Außenbecken geht. Nach dem Schwimmen erkunden wir das separate Badehaus mit unterschiedlichen Saunas im Untergeschoss, Whirlpool und Fitnessraum im Parterre und der Bambus Lounge im 1. Stock: Statt Wänden hat sie dünne, weiße Vorhänge, die im sanften Wind wehen. Weiche Polstersofas und -sessel laden zum Lesen der ausgelegten Bildbände und Magazine ein, eine Buddhafigur und ein plätschernder Brunnen verstärken die tiefenentspannte Stimmung.
Fischbüffet und opulentes Frühstück
Gerne würden wir hier noch länger sitzen bleiben, doch um 19 Uhr wird es Zeit zum Abendessen. Das wollen wir nicht verpassen: Am Freitagabend erwartet uns ein opulentes Fischbüffet, auf dem sich eine Köstlichkeit an die andere reiht. Außer Hummer, Austern, Räucherlachs, Scampi und Jakobsmuscheln gibt es auch Carpaccio von Lamm, Hirsch und Rind, Vitello Tonnato, Grillgemüse, Salate und und und. Ein ausgesucht höflicher Sommelier berät uns bei der Weinauswahl, die auf einen regionalen Rosé fällt. Dazu erklingt Klaviermusik, die ein Pianist live auf dem Flügel spielt. Kaum vorstellbar, dass wir am nächsten Morgen schon wieder Appetit haben werden. Doch auch beim Frühstück ist die Auswahl verführerisch groß und unser Platz auf der Terrasse mit Blick in den 10.000 Quadratmeter große Parkanlage mit uralten Himalaya-Zedern der perfekte Ort zum Genießen. Auf der anderen Seite des gepflegten Rasens fällt uns ein einstöckiges, hölzernes Gebäude mit Spitzgiebel auf, dessen Tür offensteht. Drinnen entdecken wir vor einem bunten Glasfenster ein Kreuz, Kerzen und einen Altar.
Steter Wandel für fünf Sterne
Was es mit der Kapelle auf sich hat, erklärt mir Junior-Chef Philipp Elmenreich: „Unsere ‚Kirchtig‘ ist der heiligen Kreszenzia geweiht und wurde zum 100. Geburtstag meiner Oma gebaut, die dann mit 105 Jahren gestorben ist.“ Sie sei es gewesen, die 1948 die Hotel Pension in Meran erwarb, deren Name 1966 auf das erste neu eröffnete Hotel der Stadt nach dem Krieg in der Grabmayrstrasse überging – den heutigen Standort. Außerdem gibt es führt die Familie die Residence Désirée mit Ferienwohnungen. „Seither ist das Mignon stets im Wandel, jedes Jahr gab es neue Um- und Ausbauten, Stillstand ist für uns keine Option. Seit 2012 haben wir fünf Sterne“, erklärt Philipp Elmenreich, der nach einem Hotelmanagement-Studium und Auslands-Praktika mit 25 in den Familienbetrieb einstieg und sich mittlerweile mit seiner Mutter Sissi Amort-Ellmenreich die Hotelleitung teilt. Noch immer ist dort auch seine Großmutter Irmgard Amort aktiv, die sich als „Grande Dame“ liebevoll um die Blumendekoration kümmert. Als Hommage an die drei starken Frauen der Familie – Zenzi, Irmgard und Sissi – steht eine schlanke Skulpturengruppe vor dem Portal.
Drei Generationen einer Familie wirken also heute im Hotel Mignon mit – „immer präsent, aber nicht aufdringlich“, wie Philipp Elmenreich betont. Jede bringe neue Ideen und Impulse mit, bei der Ausrichtung auf gediegene „Wohlfühl-Eleganz“ seien sich aber alle einig. Das wissen die vielen Stammgäste zu schätzen, die hier vor allem Ruhe suchen, aber auch einen ideal gelegenen Ausgangspunkt für Unternehmungen haben – Spaziergänge, Besichtigungen, Wanderungen, Radtouren. Auch wir haben diese Kombination ausprobiert und sehr genossen.
In Sachen Transparenz: Wir bedanken uns herzlich beim Hotel Adria & beim Hotel Mignon für die Einladung zur Pressereise und bei Wilde & Partner PR für die tolle Organisation! Wir berichten nur über Hotels und Destinationen, die wir selbst getestet haben und die wir auch Freunden empfehlen würden.














