Im Dorf der Störche …
Einfach ein paar Jahrhunderte in der Zeit zurück gebeamt: Ein Dorf wie vor hundert Jahren! Pauls Erlebnisse: Fahrt mit dem Pferdewagen, Besuch beim Schmied und Küchlein mit Blumen backen und essen …
“Wow, ein Storch!”, ruft Paul gleich am Eingang des Écomusée. Den langbeinigen Gesellen kennen wir bis jetzt nur aus dem Bilderbuch! Wir staunen und ich versuche gleich möglichst viele Fotos zu machen. Leider dreht sich der gute Klapperstorch immer weg … Wir spazieren durch ein wunderbar nostalgisches altes Dorf. Es ist wie eine Zeitreise. Irgendjemand hat wohl auf ein Knöpchen gedrückt und uns gleich mal gut hundert Jahre zurück gebeamt – hier gibt es authentisches Elsass zum Anfassen. Inzwischen stehen über 70 Fachwerkhäuser, ein Turm und eine Mühle hier, die allesamt aus dem ganzen Elsass stammen und hier wieder aufgebaut wurden. Auf dem Dorfplatz steigen wir auf einen alten Pferdewagen und machen erstmal eine kleine Erkundungs-Kutschfahrt. Unsere Pferde Quovadis und Gallinette (Paul sind immer die Namen wichtig) zuckeln los. Vorbei geht´s an Feldern, die noch mit Ochsenkarren bestellt werden. “Schau mal, Paul, da hinten mäht sogar jemand mit der Sense!” Tatsächlich wird das Dorf auch wie vor über 100 Jahren bewirtschaftet. Hier gibt es eine Obstwiese mit 200 Apfelsorten, Felder, Weinreben, Gärten sowie Weiher, Flüsse und Bäche. Außerdem arbeiten hier Handwerker, wie Schuhmacher, Sattelmacher und so weiter, denen man bei der Arbeit zusehen kann.
Wir fahren auf einem alten Waldweg, vorbei an alten Grabsteinen – irgendwie ist alles wie eine Filmkulisse und doch so echt! Unsere Museumsführerin ist selbst als Bäuerin angestellt. Der Verein Association de l’Ecomusée d’Alsace kann sich auf 38 Festangestellte und 150 freiwillige Mitarbeiter stützen, die sich gemeinsam für den Erhalt des Museums einsetzen und dessen Fortbestehen sichern. Die freiwilligen Mitarbeiter übernehmen insbesondere Aufgaben wie die Renovierung und Pflege der Gebäude, die Schnaps- und Marmeladenherstellung, die Anfertigung traditioneller Kostüme, Kochvorführungen und Verwaltungsaufgaben. Außerdem wirken sie bei den Veranstaltungen und Festen mit. Die 10.000 Hektar und hübschen alten Häuser machen natürlich viel Arbeit.
Das ältestes Haus ist fast 500 Jahre alt, aber es gibt auch ein ganz neues Haus, an dem wir vorbeifahren, mit modernem Solarpaneelen, aber in alter Tradition mit Fachwerk und Lehmputz gebaut.
Dann fahren wir an einem See entlang. Hier gibt es viele Tier- und Pflanzenarten. Und wir sind wirklich überrascht: Es findet sich hier eigentlich kein Haus ohne Storchennest!!! Nach unserer Orientierungsfahrt entdecken wir das süße Dorf zu Fuß. Ich kann mich gar nicht satt fotografieren an den idyllischen Häuschen. Ein rotes Gebäude sieht eigentlich aus wie ein Lebkuchenhaus aus dem Märchen, ein leuchtend-blaues erinnert mich an den letzten Urlaub. Die Häuser haben wunderschöne Farben und immer wieder Fensterläden mit Herzen. Paul hat keinen Sinn für diese Schönheit, er ist dafür ganz begeistert von den Schafen, den Gänsen und den lustigen schwarzen Schweinen, die sich im Schlamm wälzen. Und wir schauen sogar bei einem Bienenstock vorbei.
Nächstes Date: Die Kids dürfen im “Haus der Geschmäcke und Farben” backen. In nostalgischem Kostüm erwartet uns Tante Maryvonne schon und spricht sogar deutsch. Die beiden Jungs waschen ihre Hände und dürfen gleich mitmachen. “Toll!” Paul trennt ein Ei! Lenny rührt den Teig. “Mami, kann man Blumen essen?” Ungläubig schaut Paul mich an. Die Kinder dürfen die Akazien-Blüten in den Teig tauchen, dann werden sie in heißem Fett herausgebacken. Anschließend kommt natürlich ordentlich Puderzucker darüber! Und? “Wow, die Blumen schmecken aber gut! Ich hab noch nie Blumen gegessen!”
Dann gehen wir weiter durchs Dorf, entdecken eine alte Schule und den Bauernhof. Nach dem leckeren Mittagessen im typischen elsässer Restaurant „La Taverne“ möchten die Jungs unbedingt den Schmied besuchen. “Macht der auch Schwerter?”, fragt Paul. “Ja bestimmt, aber auch Werkzeuge!” Wir gucken zu, wie der Schmied das Eisen im Kohlenfeuer zum Glühen bringt und dann mit lauten Schlägen auf dem Amboss in Form klopft. Paul beobachtet alles wie gebannt. Kein Wunder wurden dem Schmied früher Zauberkräfte unterstellt.
Anschließend gehen wir nochmal zum Bauernhof, denn da ist jetzt Zeit zum Melken. Hier ist natürlich alles noch Handarbeit und die Ausbeute auch nicht so groß. Paul schaut skeptisch in den Blecheimer neben der Kuh. Wir bummeln noch durch den herrlichen Garten und die beiden Jungs bauen kleine Dämme am Brunnen. Mit Wasser pütschern ist einfach überall der Hit. Langsam müssen wir uns doch auf den Weg nachhause machen. Wir schauen noch beim nostalgischen Friseur vorbei und bewundern alte Fahrzeuge im Fuhrpark. Viel gesehen und erlebt auf unserer Reise durchs Ecomusée …
Pauls Fazit: “Es ist wirklich schön hier, aber wohnen möchte ich hier nicht. Wahrscheinlich sitzen die ganzen Störche mit ihrem Nest auf der W-Lan-Atenne, deswegen gibt es hier kein Internet!” Paul möchte doch wieder in die Gegenwart zurück gebeamt werden …