Und der Königssohn rief: „Rapunzel, Rapunzel, lass mir dein Haar herunter …“ Mucksmäuschenstill und mit roten Wangen sitzen Johann und Juri nebeneinander in der Märchengondel und lauschen aufmerksam der Erzählung. In zehn der 55 Bergbahn-Gondeln entführt die Schauspielerin Silvia Jost die Fahrgäste in die Märchenwelt der Gebrüder Grimm.So lauschen wir Rapunzels Abenteuern, während unsere Gondel über die märchenhafte Schneelandschaft der Sonne entgegen hinauf zur Hannigalp fliegt. Kann ein Skiurlaub besser beginnen?
Das Schweizer Örtchen Grächen liegt Auf 1.600 Meter Höhe auf einer Sonnenterrasse über dem Mattertal im Schweizer Kantons Wallis im Mattertal. Nicht weit vom mondänen Jet-Set- Ski-Ort Zermatt. Grächen ist die paradiesische, aber völlig unaufgeregte Antwort auf das mondäne Zermatt und gilt im Gegensatz zum Jet-Set-Skiressort auch noch immer als Geheimtipp. Zu den 1.300 Einwohnern kommen in der Hochsaison noch einmal rund 3.000 bis 4.000 Gästen hinzu. Aber auch dann bleibt es ruhig und überschaubar. Es gibt keine 5-Sterne-Paläste, noch Gourmet-Restaurants oder Nachtclubs in dem romantischen Bergort. Nur Pensionen und kleine Familien geführte 3-Sterne Hotels. Und während sich in Zermatt die Damen in Pelzmänteln in Pferdekutschen durch den Ort ziehen lassen und in exklusiven Bars Champagner schlürfen, sitzen wir eben in der Märchengondel. Was für ein Glück!
Nach genau sieben Minuten finden Rapunzel und der Königssohn wieder zueinander und wir erreichen die Hannigalp. Sehen und gesehen werden gib´s nicht auf der Hannigalp. Aber der riesige Schneevogel Sisu steht am Gondelausgang, guckt neugierig, wer ihn heute auf dem Berg besucht und begrüßt jedes Kind mit Handschlag. SISU ist das Maskottchen von Grächen. Sisu steht für Sicher Sonne. Denn Grächen gilt 299 Tage im Jahr als sonnensicher. Und zumindest heute macht das Wetter dem riesigen Schneevogelstreckt keine Schande. Die Sonne strahlt und keine einzige Wolke ist am Himmel zu sehen. Während ich meinem siebenjährigen Johann noch in die Skier helfe, macht sich der elfjähriger Juri schon allein auf dem Weg zu seiner Ski-Gruppe.
Die Hannigalp bietet auf 50.000 Quadratmetern den größten Kinder-Schneepark der Schweiz: Familienrestaurant, Spielplatz, Klettergarten, Schneekarussel, Indianerdorf und Kinderbetreuung. Hier ist alles auf Kinder-und Familienspaß ausgerichtet und das Wichtigste: Die Hannigalp ist absolut sicher und überschaubar: Hier geht kein Kind verloren. Ein beruhigendes Gefühl. Während Juri und Johann sich in der Skischule vergnügen, genieße ich auf 2.200 Metern in der Stafel-Bahr auf dem Liegestuhl mit Blick über Grächen einen Cappuccino in der Sonne.
„Ich bin über riesige Schanze gesprungen“, erzählt Johann mit leuchtenden Wagen. „Und ich durch den Tiefschnee gerast“, kontert Juri. Beim Mittagessen auf der Sonnenterrasse im „Mäc SiSu“ erzählen die Jungs von ihren Skischul-Erlebnissen. Und können es nicht Abwarten mir ihre neu erworbenen Künste vorzuführen. Es gelingt mir kaum die beiden bis zum Ende der Mahlzeit am Tisch zu halten. Wenig später brechen wir zum gemeinsamen Ski-Nachmittag Zusammen sitzen wir zusammen im Sessellift und suchen nach Tierspuren im Tiefschnee. Wir entdecken Schneehasen und Gemsenfährten und Johann ist ganz sicher auch Fußspuren von SiSu gesehen zu haben.
Nach sieben Stunden Sonne, Schnee und Skifahren fallen Johann beim „Froschkönig“ auf der Talfahrt schon fast die Augen zu. Die Abende sind kurz im Skiurlaub. Und nach Käsefondue, Rösti, und Früchtekuchen ziehen wir uns schon sehr früh in unser Zimmer zurück. „Ob SiSu jetzt wohl auch schon schläft?“, murmelt Johann bevor er eine Sekunden später einschläft.
SiSu und Sonnenschein begleiten uns auch die nächsten Tage. Juri und Johann backen Pizza im Schneeofen, springen über Schanzen und sausen die Pisten herunter. Wir rodeln von der Hannigalp durch den verschneiten Winterwald bis ins Dorf hinab, machen einen Schneeschuhwanderung und versuchen uns im Snowbiken. Die Jungs machen sich auf Schatzsuche durch den Ort und wir lernen bei einer ganz und gar nicht bierernsten Führung in der kleinen Privatbrauerei Sunneg-Brauhaus wie man Stout, ein Helles und eine „Wildsau“ braut.
Und dann ist es soweit: Nach dem obligatorischen Gäste-Kinder-Rennen und sieben sonnigen Skitagen, neigen sich unsere märchenhaften Winterferien dem Ende. Zum letzten Mal stehen wir oben auf der Hannigalp. Dutzende von Gondeln gleiten an uns vorbei, aber Johann weigert sich einzusteigen. Er wartet geduldig auf die „Schneewittchen“- Gondel. Bergauf und bergab haben wir nach sieben Tagen alle Grimm’schen Geschichten gehört. Das schönste Wintermärchen aber haben wir hier in dem verträumten Schweizer Örtchen selber erlebt.