Wind, Wellen und Watt – ab an die Nordsee!
Wenn man schon das Glück hat, hier oben in Deutschland zwischen den Meeren zu wohnen, dann… ja, dann nutzt man das oft gar nicht genug. Während im Sommer gefühlt jeder Dritte Westfale an der Nordsee Urlaub macht, fahren wir fast nur für romantische Wochenenden im Herbst hier her. „Jetzt aber auch mal richtig!“, haben wir uns gedacht und im Juli eine Woche Sommerurlaub hier im schönsten Bundesland der Welt gemacht.
Dithmarschen, wir kommen!
Als Basislager haben wir uns Sankt Annen ausgeguckt. Der kleine Ort liegt zwischen Husum und Büsum und ist so der ideale Ausgangspunkt für alle Unternehmungen an der Westküste.
Mit unserem Ferienhaus haben wir einen echten Volltreffer gelandet – das schnuckelige Reetdachhaus steht ein wenig außerhalb direkt hinterm Deich an der Eider. Es ist eingerahmt von alten Bäumen, Kühe und Pferde sind die nächsten (ganz schön neugierigen) Nachbarn. Rundherum gibt es ganz viel Platz zum Toben für die Kinder und viele Kilometer für herrliche Deichspaziergänge mit Weitblick.
Vermieterin Angela Abraham hat bei der Einrichtung einen guten Geschmack beweisen (und zum Glück auf den üblichen Nordsee-Deko-Kitsch verzichtet). Das Haus ist innen hell, freundlich und es einfach alles da, was man so braucht. Bei Ferienhäusern bin ich in der Regel ja etwas misstrauisch und reise sicherheitshalber mit Salzstreuer, Backpapier, Handseife, Toilettenpapier und allem Nötigen an – das kann schon lästig sein und braucht viel Platz beim Packen. Hier kann ich mir das sparen: Die Ausstattung ist eigentlich wie in einem Hotel. Es gibt in allen drei Badezimmern/WCs Seifen, einen Haartrockner, auf Wunsch auch Handtücher und Bettwäsche und das Beste: In der Küche wirklich alles, was man so braucht: von Spülmaschinen-Tabs über Alufolie bis zu Vorratsdosen für ein Picknick. Für Kleinkind stehen Babybett, Hochstuhl und Kinder-Toilettensitz parat.
Das Haus bietet mit drei Schlafzimmern genügend Platz für eine Familie und ist wunderbar gemütlich – Reet sorgt einfach für eine ganz besondere, wohlige Atmosphäre. Schon ab der ersten Nacht habe ich so tief und fest geschlafen wie sonst nur selten in einem fremden Bett. Als einen Tag mal eine steife, kühle Brise um´s Haus pfeift (das kommt hier oben leider auch im Sommer mal vor), genießen wir alle zusammen vom Sofa aus das knisternde Kaminfeuer (ferienhaus-eiderdeich.com, je nach Saison 45,-/65,-/85,- Euro pro Nacht).
Das pittoreske Friedrichstadt ist fünf Kilometer entfernt und bietet neben hübschen Häusern und romantischen Grachten (unbedingt eine Bootsfahrt machen!) Supermärkte, Restaurants, Eisdielen und Cafés (www.friedrichstadt.de).
„Let´s go surfin´ now, everybody is surfing now …“
Der Ohrwurm der Beach Boys begleitet uns auf der Fahrt nach Büsum zur Familienlagune Perlebucht. Bei Wassersport Büsum haben wir einen Windsurfkurs für die ganze Familie gebucht (25 Euro/Person). Als wir alle im Neoprenanzug stecken, sehen wir aus wie eine Familie Seehunde! Surflehrer Max zeigt uns, wie wir die Segel festziehen und an unseren Brettern befestigen, dann geht´s ab auf´s Wasser – zum Glück nicht direkt auf die raue Nordsee, sondern auf die behütete Lagune. Hier ist gibt es immer Wasser – egal, ob draußen gerade Ebbe oder Flut herrscht. Das macht Surfen für Kinder und Anfänger viel sicherer, jeder, der schwimmen kann, darf hier auf´s Brett.
Max macht einen echt guten Job, er erklärt lustig genug für die Kinder und geduldig genug für Björn und mich. Nach erstaunlich kurzer Zeit surfen wir alle umher, können das Segel aufnehmen und wenden (meistens …). Der Wind streicht durch unsere Haare, wir schmecken die salzige Luft und spüren die Wellen unter dem Brett. Also ich fühle mich schon fast wie bei „Gegen den Wind“ (für alle U-40-Jährigen: Die coolste 90er-Jahre Surfer-Serie, die jemals auf ARD lief).
Die Familienlagune Perlebucht ist übrigens auch ein super Ausflugsziel, wenn man nicht surfen möchte. Hier gibt es einen feinen Strand mit flachem Wasser, Spiel- und Grillplätze und jede Menge cooler Buden mit Fischbrötchen, Snacks und Eis.
Sorgenfrei-Tipp:
Wer nicht selbst auf´s Brett möchte, kann bei Wassersport Büsum auch einen Katamaran-Tripp mit Chauffeur buchen. Für 30 Euro fahren bis zu drei Personen eine Stunde auf den Nordsee-Wellen umher. Total cool, total sicher und es macht irre viel Spaß (www.wassersport-buesum.de).
Zwischen Astronauten-Trainern und Spionage-Spiegeln
Phänomenalen Spaß hatten wir im Phänomania (Büsum). Die riesige Halle steckt voller Experimente, Überraschungen, cooler Action und Erlebnissen. Nachdem wir uns mehrere Stunden mit der Schwerkraft, Magnetismus, optischen Täuschungen und Architektur-Ticks amüsiert (ja, wirklich amüsiert!) hatten, ein Auto anhoben haben und in einer Seifenblase standen, wurde Jasper im Astronauten-Trainer ordentlich durch geschleudert. „Guck´mal hier …!“, „Komm´mal schnell …“ und „Wie cool!!!“ waren unsere meist gebrauchten Vokabeln.
Sorgenfrei-Tipp:
Das Phänomania ist so viel mehr als nur ein Schlecht-Wetter-Alternative. Auch wenn ihr das seltene Glück habt und an der Westküste drei Wochen lang nur die Sonne scheint, solltet ihr unbedingt da hin. Ihr solltet mindestens drei Stunden einplanen, könnt aber auch locker einen halben Tag dort verbringen. Eintritt: Familienkarte 25 Euro, www.phaenomania-buesum.de.
Ab ins Watt
Schlipf, schlurf, schmatz … wir spazieren durchs UNESCO-Weltnaturerbe. Das ultimative Erlebnis an der Nordseeküste ist und bleibt eine Wattwanderung. Zieht das Wasser sich zurück, ist der Meeresboden begehbar. Zuerst haben wir Angst, auszurutschen, später legen Jasper und Eva es ziemlich drauf an. Das Watt ist wie eine einzige, riesengroße Matsche-Pfütze, unwiderstehlich für Kinder. „Guck mal, das sieht aus wie das, was Mama sich manchmal in´s Gesicht schmiert“, ruft Eva beim Anblick des schwarz-grauen Modders. Äh, nun ja …
Ab 10°C Lufttemperatur geht man barfuß, der Wattboden ist immer etwas wärmer. Und eigentlich macht es auch nur barfuß so richtig viel Spaß, wenn man erst glitscht, ab und zu einsinkt und der Modder zwischen den Zehen hervorquillt. Spannend ist es für uns alle – wer findet den ersten Krebs, wie gräbt sich die Herzmuschel ein und was sind das eigentlich für kleine Spaghetti-Häufchen überall?
Sorgenfrei-Tipp:
Wer Watt sieht, darf gern darin spielen und spazieren. Eine längere Wattwanderung solltet ihr aber nur mit einer Führung machen. Erstens kann das sonst sehr gefährlich werden und zweitens erfahrt ihr bei einer Führung so viel – das lohnt sich. Es werden viele verschiedene Wattführungen angeboten, Infos und Kontakte gibt es zum Beispiel auf www.buesum.de, Flyer liegen auch im Ferienhaus Eiderdeich aus.
Abtauchen im Multimar Wattforum
Meerestiefen erleben, ohne nass zu werden – das geht im Multimar Wattforum in Tönning. Einfach Treppe runter und schon befinden wir uns mitten zwischen Katzenhaien, Hummern, Seesternen, Wattwürmern und Seeigeln. Es gibt sogar ein Streichelbecken, eine Gezeiten-Anlage und viel mehr spannende Infos, als man bei einem Besuch aufnehmen kann.
Das Multimar Wattforum bekommt es hervorragend hin, uns in seinen Bann zu ziehen – fasziniert beobachten wir Seepferdchen, Quallen und alle anderen der über 280 Tierarten hier. Außerdem gibt es interaktives Spielen, kleine Kinos mit stimmungsvollen Info-Filmen zu maritimen Themen. Sehr beeindruckt hat uns der lebensgroßer Pottwal-Bulle – als halb Skelett, halb Modell hängt er im Raum. Ich entspanne mich in einer kleinen Kammer bei Walgesängen, während die Kinder die Pottwal-Zähne zählen. Viele der ausgestellten Walskelette sind übrigens tatsächlich Funde an der Nordseeküste. Der große Pottwal ist zum Beispiel an der dänischen Küste gestrandet.
Was ich an der Ausstellung besonders pädagogisch wertvoll finde, ist das Umweltbewusstsein, das den Kindern (und auch mir) vermittelt wird. Und zwar nicht mit dem vorwurfsvollen Zeigefinger, sondern auf eine angenehme Weise, die uns zu Beispiel dazu bringt, unser Alltagsverhalten in Bezug auf Plastik und Putzmittel mal wieder zu überdenken. Ein brandaktuelles Thema, zu dem man hier ganz leicht einen Bezug herstellen kann – denn die Auswirkungen sieht man direkt.
Das entspannteste Kino der Welt
Wir sitzen im Halbdunklen, sanftes, blaues Licht durchströmt den Raum. Ein Rochen wabert in fließenden Bewegungen langsam vorbei, während oben die flinken Seelachse kreisen. Ein Seewolf kommt hinter einem Fels hervor und trifft auf einen Hummer, dessen lange Fühler aufgeregt wippen. 14 heimische Tierarten wohnen in dem Großaquarium mit 250.000 Litern Nordseewasser, unter ihnen auch noch Stör, Seelachs, Pollack, Flunder, Katzenhai, Lachs und Meerforelle. Stundenlang könnte ich hier zuschauen – nur Tauchen ist schöner. Sogar die Kinder kuscheln sich nach ein paar Minuten zu mir und sitzen erstaunlich lange still …
Eintritt: Familienkarte 25 Euro mit 1 Kind, 30 Euro mit 2 Kindern, jedes weitere Kind 6,50 Euro, www.multimar-wattforum.de
Sorgenfrei-Tipp
Es lohnt sich wirklich, mindestens einen halben Tag hier zu verbringen – das macht hungrig. Zum Multimar Wattforum gehört auch ein Außenbereich mit tollem Spielplatz. Entweder Picknick mitnehmen und draußen genießen oder im Restaurant mit großer Außenterrasse essen.
In Sachen Transparenz: Ein herzliches Dankeschön für die Unterstützung bei dieser Reise und den Unternehmungen geht an Familie Abraham für die Einladung in das wunderbare Ferienhaus Eiderdeich, an das Multimar Wattforum, die Surfschule Wassersport Büsum und das Phänomania Büsum.