Trauben, Tiere und ein traumhafter Gutshof
Familienurlaub auf einem Weingut – dafür muss man doch nach Frankreich reisen, oder? Nö! Weingüter gibt es auch in Norddeutschland. Zwar wirklich nicht besonders viele, aber eines ist etwas ganz Besonderes … Und das haben wir mit der ganzen Familie besucht. Nachahmung sehr empfehlenswert!
Grün, Grün und noch mehr Grün – wer zum Gutshof Deutsch-Nienhof fährt, kommt auf jeden Fall durch den Wald. Genauer gesagt durch einen der vielen Wälder, die das Gut mitten in Schleswig-Holstein im Naturpark Westensee einbetten. Neben Forstwirtschaft betreiben Josephine von Hedemann-Heespen und ihre Familie auch eine Reitanlage, Rinder- Geflügel- und Schafzucht, ein Café, einen Hofladen und eben auch einen Weinberg und Ferienwohnungen. „Wir sind schon immer gern nach England gereist und sind große Fans des National Trusts“, erklärt Josephine von Hedemann-Heespen. „Diese Organisation widmet sich der Aufgabe, alte Gebäude zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch wir wollen unseren wunderschönen Gutshof nicht verstecken, sondern lebendig bewirtschaften und mit Besuchern teilen.“
Das ehemals adelige Gut Deutsch-Nienhof wurde übrigens 1472 erstmals erwähnt. Anfang des 16. Jahrhunderts war es im Besitz der Familie Rantzau, die eine dreiflügelige Wasserburg errichteten, welche das Fundament des im 18. Jahrhundert umgestalteten heutigen Herrenhaus darstellt. Der Großteil der Wirtschaftsfläche von Deutsch-Nienhof wird forstwirtschaftlich genutzt. Die alten Buchen-und Mischwaldbestände werden seit Jahrhunderten naturnah und nachhaltig bewirtschaftet.
Imposante Ankunft
Biegt man von der Straße zum Gut Deutsch-Nienhof ab, fährt man direkt auf das imposante Herrenhaus zu. „Wohnen wir in dem Schloss…?“ wollen die Kinder gleich wissen. Nun ja, nicht ganz. Die insgesamt vier Ferienwohnungen sind in den charmanten Nebengebäuden des Gutes untergebracht. Wir Fünf wohnen in der urgemütlichen Gutsherberge, gleich rechts vom Herrenhaus. Hier könnten wir glatt unsere Freunde mit ihren drei Kindern mitbringen, denn neben den zwei Schlafzimmern mit einem Doppel- und zwei Einzelbetten gibt es einen kleinen Schlafsaal, in dem acht Betten nebeneinander stehen – ein bisschen wie bei Schneewittchen! Doch unsere Zwerge, die ja mittlerweile auch schon zehn, zwölf und 14 Jahre alt sind, mögen es lieber kuschelig. Also schlafen wir zu dritt im großen Doppelbett und zwei in dem anderen Schlafzimmer.
Was mir direkt auffällt, ist die stilvolle gemütliche Einrichtung des Hauses: Hier gibt es alles, was man braucht, aber keinen unnötigen Schnickschnack. Die Deko ist auf Kerzen und frische Blumen reduziert, was ich unglaublich angenehm finde. Für die wohlige Atmosphäre sorgt ganz viel Holz – später erfahre ich, dass fast alle Möbel aus hofeigenem Holz gebaut wurden. Toll, wenn man in einem Bett schläft, was jahrzehntelang quasi direkt vor der Tür gewachsen ist. Für unsere fernsehfreien Abende stehen Bücher und Brettspiele bereit und wir lassen abends Tiger, Elefanten und Affen bei Dschungelrennen um die Wette laufen.
Ein Gutshof zum Anfassen
Nicht auf dem Spielbrett, sondern ganz in Echt gibt es noch viel schönere Tiere hier auf dem Gutshof. „Ihr dürft gern überall herum spazieren“, legt uns Hofherrin Josephine an Herz. Das machen wir gern – Eva flitzt gleich los zu den drei entzückenden Shetlandponys, die gleich hinter den Puten ihr Paddock haben. Die Ponys bleiben für unseren gesamten Urlaub hier ein echter Kindermagnet – Jasper lernt an der üppigen Pferdemähne sogar Zöpfe flechten. Wer auf den Ponys reiten möchte, kann übrigens auch eine Reitstunde vereinbaren. Und wer ein eigenes Pferd hat, kann es mitbringen. Es gibt acht Gastboxen und -paddocks, eine Reithalle und ein tolles Ausreitgelände.
Ich liebe besonders die kleine Spazierrunde über den Hof. Vorbei an den Ponys, der Reithalle und einem herrlich duftendem Holzlager führt ein kleiner Weg durch die Weiden hin zu einem Steinkreis – Vorbild war bestimmt das englische Stonehenge, denn Josephine und ihr Vater Sven haben die Insel sehr oft bereist. Neun Hinkelsteine stehen auf einer Anhöhe im Kreis und inspirieren vor allem Eva zu allerlei magischen Ideen und spontan ausgedachten Ritualen.
Mein Lieblingsplatz
Hinter dem Steinkreis geht es weiter durch ein kleines Stück Wald hinter das Herrenhaus. Neben riesigen, imposanten Eiche gibt es einen großen Tümpel und einen dunkelgrün schimmernden Wassergraben, über den eine Brücke mit uralt wirkender, Efeu-berankter Steinmauer führt. Metallisch-blau schillernde Libellen summen um mich herum. Das satte grüne Gras fühlt sich unter meinen nackten Füßen wie ein samtener Teppich an. Ich komme mir vor wie im Märchen! Vielleicht bei Froschkönig, denn immer wieder hüpfen die kleinen Tiere direkt vor meinen Füßen ins Wasser – Plitsch-Platsch.
Artenschutz mit Mehrwert
Einen etwa 15 Minuten langen Spaziergang über das Gutshofgelände entfernt stehen Englische Parkrinder mit ihren Kälbern auf einer weitläufigen Weide. Die cremeweißen Tiere mit schwarzem Maul, Ohren und Füßen sind eine ältesten Haustierrassen überhaupt. In ihrer englischen Heimat waren Parkrinder in den 1970er Jahren beinahe ausgestorben. „Wir setzen uns in Kooperation mit dem Tierpark Arche Warder für den Erhalt alter Haustierrassen ein“, erklärt uns Tobias, der Mann von Josephine. Dazu gehören auch die englische Shropshire-Schafe, die einerseits helfen, den Weinberg unkrautfrei zu halten (praktischerweise düngen die Schafe ihn auch) und andererseits schmackhaftes Fleisch für den Hofladen liefern. Besonders beliebt sind die geräucherten Mettwürste, die aus dem Fleisch der eigenen Tiere in der nahegelegenen Bio-Schlachterei Einfeld hergestellt werden.
Am Wochenende wird es auf Deutsch-Nienhof lecker: Wir haben Glück, dass wir an einem Sonntag anreisen – den am Wochenende hat das Hofcafé geöffnet. Die Kuchen und Torten kommen direkt über den grünen Rasen aus der Herrenhaus-Küche und können im Café oder draußen im Garten weggenascht werden. Wer in eine Ferienwohnung wohnt, kann auch am Wochenende morgens frische Brötchen bekommen. Im Hofladen gibt es allerlei Hofprodukte: Wurst und Fleisch von den Rindern und Schafen, Wein sowie Apfel-Lavendel- und Quittengelee, Säfte von eigenen Früchten.
Und natürlich der Wein…
Das Gut Deutsch-Nienhof ist aktuell das nördlichste Bio-Weingut Deutschlands! Und tatsächlich ist der Weinberg aufgrund einer Schnapsidee entstanden. „Mein Vater Sven von Hedemann-Heespen ist großer Weinliebhaber“, erklärt Josephine. „So kamen er und sein Freund Dieter Profitlich 2002 auf die Idee, es hier im hohen Norden Schleswig-Holsteins mal mit Weinanbau zu probieren. Also experimentierten sie so lange, bis es ihnen schmeckte.“ Mittlerweile bewirtschaftet die Familie von Hedemann-Heespen zwei Hektar Weinbaufläche. Der Bio-Weinanbau klappt vor allem, weil die Familie spezielle, pilzresistenten Weinsorten anbaut, die auch das raue nordische Klima vertragen. Außerdem haben die Trauben Solaris, Cabernet Cortis und Rondo eine kürzere Vegetationszeit von der Blüte bis zur Ernte – was sich gut trifft, denn die Sommer hier im Norden starten meist vier Wochen später als im Süden des Landes und enden zudem deutlich früher. Die neuen Züchtungen kommen mit dem kürzeren Sommer gut zurecht und profitieren andererseits davon, dass die Sommertage hier oben dafür länger sind als weiter im Süden.
Gekeltert werden überwiegend in Handarbeit Weißwein, Rosé, Sekt und Schaumwein. „Kroon 54°15’“ heißt der Wein, denn „Kroon“ ist die altdeutsche Bezeichnung für den Kranich, der so manches Mal über die Weinberge zieht und in den umliegenden Gebieten gute Brutplätze findet. 54° 15′ beschreibt den geographischen Breitengrad Deutsch-Nienhofs. Interessant: Jedes Weinflaschenetikett wird von Josephines Vater Sven gestaltet und hängt als großes Gemälde auch im Hofcafé.
Josephines Mann Tobias bringt uns an einem sonnig-warmen Tag hoch zum Weinberg. Er liegt vom Gutshaus etwa vier Kilometer entfernt. Oben angekommen, erklärt uns Tobias alles über den Weinanbau vom Gut Deutsch-Nienhof und schenkt eine Kostprobe aus. Ich trinke ja gar keinen Alkohol mehr, aber Björn ist von dem Weißwein und Rosé sehr angetan.
In Sachen Transparenz: Wir bedanken uns ganz herzlich beim Gutshof Deutsch-Nienhof für die freundliche Unterstützung dieser Reise (Werbung, da Pressereise). Wir stellen nur Hotels, Destinationen und Aktiviten vor, die wir selbst getestet haben und die wir auch Freunden empfehlen würden.