Kontrastprogramm auf wenigen Kilometern
Die Region Valsugana Lagorai liegt nicht weit von Trento entfernt und hat hohe Berge, saubere Seen und hübsche Orte zu bieten. Trotzdem ist sie viel unbekannter als Südtirol. Antoinette Schmelter-Kaiser ist mit ihrem Mann durch blühende Wiesen gewandert, hat auf urigen Almen gewohnt und konnte Kunstwerke inmitten von Natur pur bestaunen.
Valsugana Lagorai? Diesen Namen haben viele Italien-Liebhaber noch nie gehört, auch wenn sie das Land regelmäßig bereisen. Dabei ist die Region alles andere als abgelegen. Nördlich des Gardasees geht es an der Ausfahrt Trento von der Brennerautobahn auf die SS47 della Valsugana und von dort aus weiter in Richtung Padua. Das Valsugana Tal führt nämlich als Direktverbindung zwischen Trentino und Veneto immer am Fluss Brenta entlang. Auf der Talsohle werden Äpfel, Birnen und Beeren angebaut, an den Hängen wachsen Trauben. Darüber ragen rechts und links langgestreckte Bergketten – eine davon namens Lagorei – empor, in die kleine Seitentäler abzweigen. Dieses Kontrastprogramm macht das Valsugana Lagorei so reizvoll für einen abwechslungsreichen Aktiv-Urlaub; im Radius von wenigen Kilometern Entfernung lässt sich Unterschiedlichstes erleben.
Unterkunft im einfach-urigen Rifugio
In Sachen Unterkunft geht es für uns hoch hinaus ins Rifugio Serot: Kurve um Kurve schraubt sich eine schmale Straße von Roncegno Terme aus bis auf 1640 Meter Höhe – vorbei an vereinzelten Bauernhöfen, durch lichte Laub- und Nadelwälder. Unterwegs fragen wir uns, ob wir wirklich auf dem richtigen Weg sind, weil es so einsam ist hier oben. Doch Hinweisschilder mit der Aufschrift „Rifugio Serot“ geben unserem Navi recht. Nach rund 20 Minuten kommen wir auf einer einsamen Alm an: Inmitten blühender Bergwiesen liegt zusammengekuschelt ein halbes Dutzend Gebäude, unten aus groben Steinen, darüber aus Holz gebaut. Im größten davon beziehen wir unser Zimmer, das wie die neun anderen einfach-uriges Hüttenambiente hat, aber den Komfort eines eigenes Bades und einen Balkon bietet. Unser Halbpensions-Abendessen servieren sympathische junge Kellner auf der überdachten Terrasse im Erdgeschoss – von der hausgemachten Pasta bis zum warmen Schoko-Soufflé mit Jogurt-Eis. Die Stimmung ist ungezwungen: Zwischen den Gästen wuselt Ida, das dunkelgelockte Töchterchen von Küchenchef Aronne Cavagna herum, eine graue Katze streicht um unsere Beine, aus Lautsprechern ist cooler Jazz zu hören.
Vorteile für Teilnehmer des Programms „Adoptiere ein Kuh“
Am nächsten Morgen sind wir schon vor dem Wecker wach, weil die zwei Hähne des Rifugio Serot um die Wette krähen – gemeinsam mit dem Zirpen der Grillen ein heimeliges Sommermorgen-Konzert. Von Ferne weht außerdem das Läuten von Kuhglocken heran. Mit jedem Schritt in Richtung der nahen Malga Trenca ist es immer lauter zu hören: 80 Kühe verbringen hier die Sommermonate und werden jeden Morgen und jeden Abend gemolken. Aus ihrer Milch entstehen direkt vor Ort Butter, Käsesorten wie Tosella oder Caciotta, Ricotta und Jogurt, die es im Hofladen zu kaufen gibt. Teilnehmer des Programms „Adoptiere eine Kuh“ profitieren als Kunden von einem besonderen Angebot: Einmal pro Jahr zahlen sie 65 Euro, um die Patenschaft für eine Kuh zu übernehmen. In der Zeit vom 15. Juni bis 15. September können sie sie auf ihrer Alm besuchen und bekommen dort im Gegenwert von 50 Euro Milchprodukte, die restlichen 15 Euro fließen in Projekte zur Unterstützung der regionalen Landwirtschaft.
Naturidylle pur beim Wandern von See zu See
Vorbei an der Malga Trenca geht es zu Fuß weiter zum schilfbewachsenen Lago delle Carezze, zunächst auf einem breiteren Fahrweg, dann auf schmalen, leicht ansteigenden Pfaden über Almwiesen und durch ein Stück Nadelwald. Schmetterlinge flattern umher, Bienen summen über rotblühenden Alpenrosen, am blauen Himmel ziehen weiße Kumuluswolken – Naturidylle pur, die wir mit wenigen anderen Wanderern teilen. Zurück geht es im großen Bogen über den pittoresken Lago del Colo. An seinem Ufer legen wir uns im Schatten einer Lärche ins Gras, essen selbstgebackenes Brot mit Käse, das wir vom Frühstück im Rifugio Serot abgezweigt haben, und gönnen uns eine Siesta. Unterhalb einer kleinen Sommerfrische-Siedlung aus altersdunklen Holzhütten legen wir einen weiteren Stopp im Agritur Paradiso ein. Bei seinem verlockenden Namen müssen wir einfach einkehren und leckere Panna Cotta mit Heidelbeeren und Apfelstrudel probieren.
Kunst in und mit der Natur erleben
Am nächsten Tag sind wir neugierig auf das, was das Valsugana Lagorei außer der alpinen Umgebung des Rifugio Serot noch zu bieten hat. Deshalb fahren wir zur Open-Air-Ausstellung Arte Sella: 1986 hatten eine Freundesgruppe aus Borgo Valsugana die Idee, im Garten der Villa Strobole in Örtchen Sella zeitgenössische Kunst und Natur zu verbinden. Aus dieser Initialzündung entwickelte sich ein dauerhaftes Museum unter freiem Himmel, in dem mittlerweile über fünf Dutzend großformatige Kunstwerke in und mit der Natur zu sehen sind – ein Teil mit dem Fokus auf Architektur rund um die Villa Strobele, der zweite, umfangreichere auf dem Gelände der Malga Costa dreieinhalb Kilometer entfernt. Mit einem gemeinsamen Eintrittsticket kann man beide erlaufen und erleben – von phantasievollen Stühlen über riesige Samenkörner aus geschwärzten Holzstückchen, filigrane, begehbare Konstruktionen und einer mit dem Wald verschmelzenden Frauenfigur aus Draht bis zu Granitbrocken, die sich mit Sonnenkraft im Schneckentempo auf Schienen hin und her bewegen.
Schattige Laubengänge und ein Bad im See
Durch eine wildromantische Gebirgslandschaft geht es auf einen Cappuccino runter nach Borgo Valsugana: das Verwaltungszentrum des Tals, über dem das mittelalterliche Castel Telvana thront. Im hübschen, überschaubaren Zentrum flankieren historische Bauten mit blumengeschmückten Balkonen die Brenta. Im Erdgeschoss haben einigen von ihnen schattige Arkaden, die den Laubengängen in Bozen oder Meran ähneln – eine Wohltat an warmen Sommertagen. Noch erfrischender ist es, im Lago di Levico schwimmen zu gehen. An drei Seiten ist er von bewaldeten Hängen umgeben, an einer ermöglichen große Liegewiesen den Zugang zum klaren Wasser. Für seine Sauberkeit hat es genauso wie das im benachbarten Lago di Caldonazzo die begehrte Blaue Flagge als Gütezeichen bekommen. Eine besondere Wasserqualität hat auch den Ort Levico Therme bekannt und beliebt gemacht: Eisen- und arsenhaltigen Heilquellen lockten ab den 1890er Jahren Kurgäste an, die bis heute kommen. Entsprechend gepflegt-gemächlich ist das Flair in der kleinen Fußgängerzone, wo wir uns einen Aperol Spritz und ein Eis genehmigen.
Vogelperspektive von der Festung am Pizzo di Levico
Aus der Vogelperspektive bekommen wir das entspannte Kurstädtchen und die Seen noch einmal am nächsten Vormittag zu sehen. Von der Hochebene von Vezzana laufen wir auf Saumpfaden bis zum Pizzo di Levico. Wie ein Adlerhorst schmiegt sich hier auf 1908 Metern eine trutzige Festung an steil abfallende Felsen. Unfassbar, das sie schon vor über 100 Jahren gebaut wurde und dazu diente, militärische Bewegungen im Tal zu kontrollieren. Genau hier verlief damals die Grenze zwischen dem österreichisch-ungarischen Reich und Italien – noch eine neue, spannende Facette der Region Valsugana Lagorei.
In Sachen Transparenz: Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Azienda per il Turismo Valsugana für die freundliche Unterstützung und bei mk-Salzburg PR für die tolle Organisation dieser Reise (Werbung, da Pressereise). Wir stellen nur Hotels und Destinationen vor, die wir selbst besucht haben und die wir auch Freunden empfehlen würden.
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