WALDBADEN: Was ist das?
Also Waldbaden ist in alle Munde. Nur, was es genau ist, konnte uns noch keiner so wirklich sagen … Umarmt man da Bäume? Liegt man ganz crazy entspannt auf Tannennadeln? Weit gefehlt! Wir haben es ausprobiert und sind ganz verzaubert. Seid gespannt …
Aus Japan schwappt die Trend-Welle des Walbadens, „Shinrin Yoku“ genannt, auch in unsere Wälder und findet immer mehr Fans, nachdem die Wirksamkeit mittlerweile sogar wissenschaftlich belegt ist. Es geht ganz einfach erklärt um den Kontakt mit der Natur und der Atmosphäre des Waldes, soweit meine Recherche. Und man badet wohl in der Waldluft. Der Ort unserer „Waldbaden-Erfahrung“ ist übrigens ein kleines Wäldchen beim Outdoorhotel Jäger von Fall in Lenggries in Oberbayern.
Wir treffen unsere Wald-Expertin Caroline Filger an der Rezeption des Hotels. Sie leitet sonst Kurse zum Teambuilding, ist Guide im Hochseilgarten und unterrichtet Sportkurse. Das Hotel Jäger von Fall nennt sich bewusst Outdoor-Hotel, weil vieles einfach draußen stattfindet. Als wir mit Caro am Hotel vorbei in das kleine Waldstück laufen, sitzt eine Tagungsgruppe mit Flipchart im Grünen, um neue Ideen zu sammeln.
Bewusst durch den Wald gehen
Wir betreten das Waldstück und Caro verwickelt uns in ein Gespräch. Als wir schon fast 15 Meter im Wald drin sind, lacht sie und sagt: „Ist euch nichts aufgefallen?“ Ich weiß erst gar nicht wovon sie redet, aber mein Sohn Paul (10 Jahre) sagt ganz cool: „Also ich habe eine rote Tomate auf dem Weg liegen sehn. Unsere erste Übung hat also schon angefangen. „Ihr müsst acht Sachen am Weg finden, die eigentlich nicht hierher gehören“, so unsere erste Aufgabe von Caro. Paul findet fix eine Zitrone unter grünen Blättern, eine Erdbeere, eine Karotte und einen Apfel am Baum. Ich finde erstmal nichts, Kinder tun sich da wohl leichter. Unter einer Baumwurzel finde ich dann doch noch eine Birne. Was das bringt? Außer schönen Fotos?
Im Leben sehen wir auch oft den Apfel vor lauter Bäumen nicht, wir gehen durchs Leben und schauen nicht nach links und rechts. Mir wird bewusst wie oft wir im Alltag abgelenkt sind. Das ist wirklich eine einfache und schöne Achtsamkeitslektion, die uns Caro gleich zu Anfang erteilt hat. Wir sollten wieder mehr Aufmerksamkeit lernen!
Düfte und Spuren suchen
Caro geht mit uns durch den Wald und zeigt uns Dinge, die wir sonst nicht gesehen hätten. Wir bewegen uns wie Detektive durch den Wald. Da ist ein Baum mit einer Wunde, die Rinde ist abgewetzt. Was ist hier wohl passiert? „Wahrscheinlich hat ein Hirsch sein Geweih da abgerieben, weil es ihn gejuckt hat“, mutmaßen wir. Aus dem Baum kommt Harz wie Blut, um den Baum wieder zuzukleben und ihn heil zu machen. „Das Harzöl ist auch wie Frostschutz“, erklärt uns Caro. Das Harz riecht gut. Man kann es auch als Kleber benutzen und als Kaugummi. Wir kauen Harzkaugummi und sammeln noch weitere Walddüfte wie Moos, Pilze … sensorische Waldarbeit sozusagen.
Nächste Aufgabe: Wir suchen Tierspuren. Das finde ich erst echt schwierig, aber dann finden wir Löcher in Blättern von Raupen, Reste einer Eichhörnchenmahlzeit, Spuren eines Wurms im feuchten Waldboden. Und wir staunen, wie viele Pflanzen, von Brombeere über Ahorn, Erdbeeren, Frauenmantel bis Moos auf einem Quadratmeter hier zu finden sind und überhaupt wieviel Leben in einer Handvoll Erde wimmelt. Millionen von kleinen Mini-Lebewesen, eine ganze Welt in unserer Hand. So spannend was uns Caro alles über die großen und kleinen Wunder im Wald erzählt, vom Leben und Sterben. „Wenn eine Sache stirbt haben ganz viele andere Organismen eine Lebensgrundlage.“ erzählt sie und zeigt uns einen Baumstumpf, der von Ameisen, Pilzen und Moosen wieder recycelt wird. „Eigentlich sollte der Mensch nicht ins Gleichgewicht eingreifen. Der Wald kann das alleine!“
Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und diese ist grün …
(Hildegard von Bingen 1098 – 1197)
Den Wald hören und sehen…
An einem ganz dicken Baumstumpf machen wir ein Päuschen und Caro zählt mit Paul die Baumringe und erklärt wie sie entstehen. Wir entdecken in den hellen Streifen kleine Löchlein wie Strohhalme, mit denen der Baum im Frühjahr und Sommer das Wasser aufsaugt. Der dunkle Streifen entsteht im Herbst-Winter, wenn der Baum Holzstruktur aufbaut, um stabil zu stehen. Ein heller und ein dunkler Streifen ergeben so einen Jahresring bzw. Jahreszyklus. „Wow“! 103 Jahre! So ein alter Baum“, staunt Paul.
Dann setzen wir uns jeder an einen anderen Ort in den Wald und versuchen die Geräusche des Waldes mit Buntstiften auf Papier festzuhalten. Wir hören Insekten summen, Vögel zwitschern, ein Knacken, eine Rauschen…. Ich staune wie konzentriert Paul mitmacht. Unsere Bilder sehen aus wie kleine Kunstwerke. Aber Caro hat nochmal etwas Besonderes in Ihrem Rucksack: Kleine quadratische Spiegelfliesen. Diese halten wir auf Kinnhöhe vors Gesicht und laufen staunend durch den Wald. Wir schauen nach unten und doch ganz fasziniert in die lichtdurchflutenden Baumkronen, eine ganz besondere Perspektive… ein wirklicher Wow-Effekt!
Am Ende unserer Tour ziehen wir unsere Schuhe aus und laufen ganz bewusst und entspannt auf dem Barfuß-Pfad direkt beim Hotel über Steine, Moose, Stöckchen.
Zwei Stunden waren wir mit Caro im Wald unterwegs und es war keine Minute langweilig. Sie hat sich, weil ich Paul dabei hatte, natürlich auch auf kindgerechtere Übungen eingestellt. „Aber vieles mache ich auch ohne Kind ähnlich,“ erklärt sie, „zum Beispiel die Aufmerksamkeitsübung vom Anfang. Je nach Laune, Jahreszeit oder Gruppe überlege ich mir das Passende, auch Meditationen gehören oft dazu.“
Unglaublich beeindruckend ist vor allem, was wir von Caro über den Wald erfahren haben. So viele schöne Geschichten! Wir sind ganz verzaubert …
Waldluft macht hungrig! Anschliessen sind wir im Biergarten vom Outdoorhotel Jäger von Fall eingekehrt …
Zum Thema Transparenz: Wir bedanken uns beim Tourismusverband Lenggries für die Unterstützung und Planung unserer Reise (Werbung, da Pressereise). Wir stellen nur Hotels, Aktivitäten und Regionen vor, die wir selbst getestet haben, für familienfreundlich halten und auch Freunden empfehlen würden.
Mehr Infos zu Lenggries: www.lenggries.de/