Landpartie im Travel Home!
Camping erlebt ein Comeback und ist angesagt wie lange nicht mehr. Ganz neu kann man jetzt bei 675 Gastgebern mit einer besonderen Vignette im eigenen Camper an besonderen Orten übernachten. Unsere Autorin Antoinette Schmelter-Kaiser hat mit ihrer Familie zwei Bauernhöfe in Oberbayern ausprobiert.
Einmal zahlen und ein ganzes Jahr mit einer Flatrate verreisen? „Landvergnügen“ macht‘s möglich. Denn beim Kauf des gleichnamigen Buches für 29,90 Euro sind eine Vignette und eine Mitgliedskarte inklusive, mit der man bundesweit von Ende März 2019 bis Ende März 2020 jeweils 24 Stunden kostenlos an einem Ort bleiben kann. Viele Bauernhöfe sind als mögliche Anlaufstellen darunter, aber auch Weingüter, Landgasthöfe, Kleinbrauereien oder Klöster. Aufgeteilt ist das gesamte Angebot geographisch in sieben Teile: Deutschland Nord, Nordwest, Mitte-West, West, Südwest, Ost und Südost. Übersichtskarten erleichtern die Orientierung, genauso wie Icons zur Ausstattung der insgesamt 675 Gastgeber. Auf einen Blick machen sie zusätzlich zu einer Kurzbeschreibung klar, wen man wie auf seinem Privatgelände ansteuern und was man dort erwarten kann.
Für unseren großen Wohnwagen reduziert sich das Angebot, weil meist nur ein Stellplatz verfügbar und zum Teil mit Einschränkungen erreichbar ist. Ausgerechnet da, wo wir für ein Wochenende in Oberbayern hin wollen, sind deshalb nur Wohnmobile oder Campingvans willkommen. Doch letzteren leihen wir uns für ein Wochenende einfach bei Roadsurfer aus: einem gut sortierten, coolen Anbieter mit elf Standorten bundesweit. Ausgesucht und reserviert wird online, abgeholt in unserem Fall im Münchner Norden, wo die Übergabe samt einer praktischen Einweisung erfolgt. Bei der bin ich positiv überrascht von dem Rundumwohlfühl-Angebot: Von der kleinen Küche samt Töpfen, Geschirr und Besteck über zwei Doppelbetten bis hin zum Campingklo – praktischerweise ist alles mit an Bord, was wir unterwegs brauchen; fahren lässt sich unser „Travel Home“ alias Mercedes Marco Polo so leicht wie ein größerer PKW.
Erst auf der Autobahn, dann auf der Landstraße steuern wir problemlos unserem ersten Ziel entgegen: dem Naturlandhof Daxlberg bei Riedering in der Nähe von Rosenheim. Da er im Jahr 1148 zum ersten Mal erwähnt wurde und seitdem von einer Familien-Generation an die nächste weitervererbt wurde, führt eine Straße mit Namen Daxlberg zu ihm. Mit Blick aufs Dorf, das der Zwiebelturm der Kirche überragt, dürfen wir auf der Wiese parken. Zum Abendkonzert der Vögel garen auf unserem zweiflammigen Gasherd Nudeln mit Tomatensauce. Mit wenigen Handgriffen lassen sich die Fahrersitze umdrehen und zu einer Essecke mit Tisch umfunktionieren. Weil mittlerweile das Klappdach elektrisch ausgefahren ist, können wir dabei stehen; nach dem Abendessen wartet oben im „ersten Stock“ eine bequeme Matratze auf die Mädchen, die die zeltartige Atmosphäre unter der Schräge super kuschelig finden. Mein Mann und ich haben auf den umgeklappten Rücksitzen samt Verlängerung dahinter ebenfalls genug Platz.
Am nächsten Morgen weckt uns das Muhen der 22 Milchkühe, die im Stall gemolken werden. Der Weg zu Dusche und Spülbecken führt direkt an ihm vorbei. Auch einer der Esel macht sich bemerkbar, die die Leidenschaft von Susanne Daxlberger sind. Damit sich die zehn Langohren ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, begleiten sie Touren und dürfen von kleineren Kindern geritten und gestreichelt werden. Vieh, Esel, Hühner, Hunde, Enten, Bienen, Katzen, sechs Kinder, ein kleiner Hofladen und Yogaunterricht im Garten bedeuten so viel Arbeit, dass die Bäuerin und ihr Mann nur selten wegfahren können. Umso willkommener sind ihnen die Gäste, die seit drei Jahren über Landvergnügen regelmäßig auf den Hof kommen und ihre Welt mit bringen.
Ähnlich geht es Bernd und Sharon Fendt. Beide arbeiten zwar noch in anderen Berufen. Aber seine restliche Zeit steckt das Paar in die Hege und Pflege von Brillenschafen, Tauernscheckenziegen und Pinzgauer Mutterkühen – drei seltene Rassen. Hoch oben über Marktschellenberg stehen die Tiere entweder auf dem Walserlehen, das das Paar 2011 gekauft hat und seitdem herrichtet, oder weiden von Mai bis Oktober auf einer Alm. Die steile, kurvige Anfahrtsstrecke gibt uns das Gefühl, im Hochgebirge und weit weg von größeren Orten zu sein. Dabei liegt Berchtesgaden nur ein Viertelstündchen Fahrzeit entfernt. Weil sich das Wetter eintrübt und unser „Travel Home“ zwar komfortabel ausgestattet, bei Regen für vier Personen auf Dauer aber doch beengt ist, sind wir froh über die Ausweichmöglichkeit. Im Haus der Berge macht uns eine interaktive Ausstellung vom Grund des Königssees bis auf die höchsten Gipfel mit dem Nationalpark vertraut. In der Watzmann Therme freuen wir uns über warme Solebecken, lange Rutschen und die Panoramasauna, die so müde machen, dass wir unsere zweite Nacht im Campingbus wie Steine schlafen. Den Umbau vor dem letzen Frühstück absolvieren wir wie Profis: Weil der Platz knapp ist, sind Sitze, Schränke und Tisch millimetergenau aufeinander abgestimmt und müssen in einer bestimmten Reihenfolge gedreht, ausgeklappt und verschoben werden. Für die nächste Tour sind wir also bestens gewappnet. Auf der Heimfahrt suchen wir gleich unsere nächsten Landvergnügen-Kandidaten aus – voraussichtlich am Bodensee.
In Sachen Transparenz: Ein herzliches Danke an Landvergnügen und Roadsurfer für die Unterstützung dieser Reise (Werbung, da Pressereise). Wir empfehlen nur Hotels, Aktivitäten und Destinationen die wir selbst getestet haben und die wir auch Freunden weiterempfehlen würden.
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