Zum dritten Mal bin ich an diesem Ort. Beim ersten Besuch 1995, als die Welt noch in Ordnung und es noch keinen Ground Zero gab, fotografierte ich noch selbst die Zwillingstürme des Word Trade Center. 2007, 6 Jahre nach 9/11 waren wir mit der ganzen Familie hier und schauten auf ein riesiges Ruinenfeld und die bereits begonnene Baustelle und waren tief berührt über diese schrecklichen Terroranschläge. Jetzt 2016 bin ich mit meine Tochter Emma (16) zu Besuch im Big Apple wieder an diesem Ort und wir sind uns einig: Besser hätte man das Gedenken und die Trauer nicht in ein Memorial fassen können. An den Stellen des ehemaligen Nord- und Südturmes befinden sich – exakt an ihren Grundrissen – riesengroße Becken, in die von den Rändern Wasser neun Meter nach unten fließt. Es sind die größten von Menschen geschaffenen Wasserfälle der USA.
Die Gedenkstätte heißt “Reflecting Absence”, das bedeutet: “Nachdenken darüber, was fehlt”. Es ist außerdem ein Wortspiel mit der reflektierenden Wasseroberfläche der Bassins. In den dunklen Kupferrand der Becken sind die Namen der 2749 Opfer graviert. Wir schauen auf die unzähligen Namen, auf denen heute Regentropfen wie Tränen liegen. Es ist ein sehr emotionaler Ort. Das fließende Wasser verschwindet in der Tiefe. Ein Loch im Herzen des Big Apple …
Im Hintergrund sieht man das neue Eingangsdach der Subway, die wie eine Friedenstaube hier gelandet ist. Selbst die U-Bahn-Station, die unter den Twin Towers lag, wurde völlig zerstört und neu gebaut. Das Konzept der Gedenkstätte beruht auf dem Masterplan von Daniel Libeskind und wurde von Michael Arad ausgeführt.
Um die Becken herum gibt es einen Park mit Bäumen und hier finden wir auch das das 9/11 Memorial Museum, ein Pavillon mit sieben unterirdischen Etagen, die die Überreste der Anschläge des 11. Septembers zeigen. Die schräge Glas-Fassade wirkt wie die Trümmer, die damals aus dem Ground Zero ragten. Innen stehen Trümmerreste der alten Türme wie Mahnmale. In der Ausstellung erleben wir als Besucher noch mal den 9/11 über Bildschirme mit original Nachrichten-Sendungen. Große Fotos von Menschen, die geschockt nach oben schauen und nicht fassen können, dass ein zweites Flugzeug in die Türme fliegt… Sehr bewegend und ausführlich wird hier dokumentiert, was stündlich passierte. Wie die Tage danach waren und wie getrauert wurde, aber auch wie die New Yorker wieder Mut gefasst haben. Unten in den Tiefen des Museums bewegen wir uns entlang der Fundamente der alten Twin Towers. Ein Überdimensionales Mosaik entstand aus den alten Fliesen der Eingangshalle des alten Worl Trade Centers.
Gegenstände der Opfer sind hier ausgestellt, wie z.B. ein Terminkalender, der wohl am 11.9.2001 so auf einem Schreibtisch lag… Wir sind sehr bewegt von den vielen persönlichen Gegenständen, die ohne Wort eine Geschichte erzählen.
Wie ein Kunstobjekt mutet ein Teil eines Jeansshops an, dessen Fenster in der Nähe der Twin Towers zerstört wurde und so ins Museum eingebaut wurde. Asche liegt noch auf der Kleidung, wie wenn alles gestern erst passiert wäre. Hier steht auch ein Fahrrad-Ständer, an dem auch noch Fahrräder hängen, die nie abgeholt wurden. Das Herz des Museums ist ein Raum im dem Video-Projektionen zu allen Opfern laufen. Hier kommen auch Angehörige zu Wort, die von Ihren Liebsten erzählen. Jedem Opfer wird gedacht.
Die Anschläge vom 9/11 haben New York und Amerika tief getroffen, doch die New Yorker haben einen eigenen Weg gefunden, mit ihrem Loch im Herzen ihrer Stadt umzugehen. Neben dem würdigen Erinnern und Gedenken der Opfer ist aus der Asche ein neues Wahrzeichen erstanden. Jenes Gebäude, das die Twin Towers ersetzt, in die vor 15 Jahren zwei Passagierflugzeuge einschlugen. Mit einer Höhe von 1776 Fuß (ca. 542 Meter) ist das One World Trade Center wieder der höchste Wolkenkratzer von New York und ersetzt damit würdig seine Vorgänger. Die Höhe ist nicht zufällig gewählt: 1776 symbolisiert das Jahr der Unabhängigkeitserklärung der USA. Es verkörpert somit den Optimismus und den Glauben der Amerikaner wie kein zweites Gebäude in New York.
Hoch geht´s im Fahrstuhl,dem sogenannten „Sky Pod“ mit 37 Kilometer in der Stunde. Hier lassen wir uns in weniger als 60 Sekunden in den 102. Stock fahren. Der „Sky Pod“ bietet Ihnen einen virtuellen Zeitraffer. Die Bildschirme rundum suggerieren, die Kabine sei aus Glas: 500 Jahre Geschichte Manhattan´s werden hier während der Fahrt abgespult, inklusive der tragischen Zerstörung des World Trade Centers. „Echt cool!“ sagt Emma und versucht das auf Video festzuhalten.
Oben angekommen erleben hier einen Rundumblick von der Südspitze Manhattans. Die Aussicht vom neuen One World Trade Center ist anders als vom ehemaligen, aber traumhaft schön. Der Blick reicht über den Central Park im Norden, die Brooklyn Bridge im Osten, die Freiheitsstatue im Süden und New Jersey im Westen!
Fazit: Der Besuch des Memorial´s und des neuen OWTC, des neuen Wahrzeichens der Stadt ist ein Muss für alle NY-Besucher. Erst am tiefsten, traurigsten Punkt, stehen wir nun auf dem höchsten optimistischsten Punkt New Yorks, der Stadt mit dem Loch im Herzen …