Urlauben ohne schlechtes Gewissen…
Ewald Biemans sprach auf der 26. UN-Klimakonferenz. Er möchte Vorbild sein und konkrete, umsetzbare Ideen teilen, die Tourismus und Nachhaltigkeit vereinen. Wie die von ihm und seinem Team im Bucuti & Tara Beach Resort umgesetzten Maßnahmen und Initiativen reproduzierbar und auf andere Hotels bzw. Tourismusunternehmen anzuwenden sind, erzählt er uns im Interview …
1. Wie haben Sie die UN-Klimakonferenz COP26 als Teilnehmer & Redner erlebt?
Erstmal war es sehr schön für mich dabei zu sein! Ich war aus zwei Gründen eingeladen. Einmal haben wir die Klima-Erklärung „Glasgow Declaration for Climate Action in Tourism“ unterschrieben. Ich war unter den verschiedenen Tourismus-Teilnehmern der einzige Hotelier, der dort dabei war und mitunterschrieben hat. Wir haben uns mit den größten Tourismusunternehmen, gemeinsam mit Regierungen und Reisezielen, dazu verpflichtet, die Emissionen bis 2030 zu halbieren und bis spätestens 2050 den Netto-Nullpunkt zu erreichen.
Wir waren natürlich als Klimaneutrales Resort vertreten und eingeladen aufgrund des „Climate Action Award for Climate Neutral Now“ von den UN, den wir voriges Jahr gewonnen haben.
Es war eine tolle Konferenz! Am besten gefallen hat mir, dass 100.000 junge Leute demonstriert haben. Die haben deutlich gemacht, dass was passieren muss, denn deren Zukunft ist in Gefahr!
Greta Tuhnberg meinte ja abschließend, dass es viel „Bla Bla“ war… Was meinen Sie?
Einiges war natürlich „Bla Bla“ aber am Ende war das Ergebnis sicher zufriedenstellend. Am Ende ist doch etwas passiert! Wie gesagt, wir haben endlich begriffen, dass wir als „Global Village“ nicht so weiter machen können und das finde ich wichtig!!!
Sie sind Gründer des ersten klimaneutralen Resorts in der Karibik. Was war für Sie der entscheidende Wendepunkt, dass Sie für das Bucuti & Tara Beach Resort ein nachhaltiges Konzept entwickelt haben?
Ich bin vor 50 Jahren in Aruba angekommen. Da war das hier ein Dorf und die einzige Einnahmequelle war eine Raffinerie. Sonst gab es hier nichts, keinen Tourismus.
Wir mussten feststellen, dass sich immer mehr Umweltverschmutzung eingestellt hat.
Vor 20 Jahren haben wir begonnen auf plastikfrei umzustellen. Ein deutscher Gast hat sich damals beschwert, dass wir das Bier im Plastikbecher serviert haben: „Das geht doch nicht!“ Da haben wir das Plastik abgeschafft. Auch im Rahmen der Ölkrisen, die wir in den 90er/ 2000er Jahren mitgemacht haben, wurde der Brennstoff teuer. Das hat uns gezwungen umzudenken und Energie zu sparen. Dann haben wir gemerkt, dass da auch unsere Gäste sehr gerne mitmachen – vor allem die Europäer!
Wir haben damals schon damit angefangen gemeinsam den Strand sauber zu machen und die Straßen aufzuräumen. Und so langsam hat sich das ganze Programm entwickelt. Dann haben wir 2001 den Green Globe Award bekommen und später das LEED Gold USA Label. Und dann haben wir gedacht, warum nicht Co2-neutral werden?
Welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels haben Sie bereits in Ihrem Resort auf Aruba implementiert?
Das Resort ist nicht nur mit Solarpanelen auf dem Dach ausgestattet, sondern verfügt auch über Fitnessgeräte, die bei der Benutzung Strom erzeugen. Darüber hinaus sind die Hotelzimmer mit Bewegungssensoren ausgestattet. Verlässt der Gast das Zimmer, wird die Kühlleistung der Klimaanlage heruntergefahren, sodass pro Jahr zwischen 32 Prozent und 38 Prozent weniger Energie verbraucht wird. Auch auf die Einsparung von Wasser wird großen Wert gelegt. So gibt es ein spezielles Wasser-Recycling-System, bei dem „gebrauchtes“ Duschwasser beispielsweise im Anschluss zum Gießen des Gartens verwendet wird. Außerdem werden zur Reinigung der gesamten Anlage keine chemischen, sondern nur natürliche Mittel verwendet. Nächstes Jahr werden wir im ganzen Haus papierfrei und weitere Massnahmen werden folgen…
Sie waren Sprecher auf der 26. UN-Klimakonferenz. Wie schaffen wir es den Tourismus & Nachhaltigkeit zu vereinen. Wie sehen konkrete Maßnahmen aus? Welche Initiativen sind reproduzierbar und auf andere Hotels bzw. Tourismusunternehmen anzuwenden?
Ganz einfach! Erst einmal: was wir machen merken die Leute gar nicht. Wir stellen die Klimaanlagen so ein, dass es angenehm ist, aber nicht zu kalt wird. Wir waschen die Laken nur, wenn der Gast das verlangt. Wir haben unsere Essensportionen um 30 Prozent gekürzt. Wir haben 65 Prozent unseres Abfalls reduziert. Zum Beispiel kaufen wir große Behälter und keine kleinen Verpackungen.
Dann machen wir auch Sozialprogramme. Community Outreaches etc.
Wir legen unseren Gästen ein Programm aufs Zimmer, wenn sie einchecken. Wer interessiert ist, ist oft natürlich hoch begeistert und macht gerne mit. Unsere Gäste sind da sehr zufrieden und würden auch mehr dafür zahlen.
Amerikaner sagen: „Luxury and Sustainability are nuturally exclusiv. Das geht sehr gut zusammen.
In Europa ist „Flightshaming“ ein Begriff. Wenn Sie zuhause bleiben, haben Sie auch CO2-Ausstoss.
Sie heizen Ihre Wohnung oder fahren Auto. Heutzutage ist es möglich von Europa nach Aruba zu fliegen und eine CO2-Kompensationen zu bezahlen, z.B. mit der KLM ca. 50 Euro, dann wohnen sie hier klimaneutral und im Ausgleich zu dem Flug hierher haben Sie hier keinen Verbrauch. Sie müssen nur das richtige Hotel aussuchen.
Der Flug ist nicht so schlimm. Das Abheben und Landen ist vor allem energieaufwendig. Wenn sie in 35.000 fuß Höhe fliegen ist der Verbrauch sehr wenige – je länger sie fliegen, umso weniger ist der Verbrauch. Eine Familie, die in New Jersey wohnt und zuhause bleibt und die Heizung einschaltet und jeden Tag mit dem Auto eine Stunde unterwegs ist, hat einen höheren Co2-Ausstoß, so gesehen, als der Flug mit der KLM hierher, vor allem wenn das Flugzeug voll besetzt ist. Und dann können sie hier in Aruba bei uns klimaneutral für zwei Wochen wohnen. Da ist die Klimabilanz dieser Familie im Urlaub besser als im Alltag. Bei Amerikanern ist der Co2 Ausstoss im Alltag drei Mal so hoch.
Die UN-Klimakonferenz gilt im Wettlauf um die Verhinderung des Temperaturanstiegs um mehr 1,5 Grad als der wichtigste Klimagipfel der Welt. Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen? Wie ist Ihre persönliche Einschätzung?
Das hängt natürlich vom Global Village ab. Wenn wir alle mitmachen, können wir das schaffen! Wenn wir es nicht schaffen, sind wir alle in großen Schwierigkeiten – zum Beispiel hier in der Karibik oder die Ostküste der USA! Wenn wir so weiter machen, ist die Küstenregion in 20, 30 Jahren unter Wasser. Hier können wir dann statt zum Strand zum Schnorcheln gehen …
Es muss sich was ändern! Das wird langsam klar, dass wir so nicht weiter machen können!
Klimaschutz fängt bei jedem einzelnen an. Wie können wir weiterhin reisen und die Welt entdecken und doch unserem Kohlenstoff-Fußabdruck reduzieren?
Das wichtigste ist natürlich CO2-Reduktion. Die Hauptpunkte sind Transport und die fossilen Energien! Dann muss natürlich Kohlenenergie abgestellt werden. Mit Sonne, Wind und Atomstrom ist das sehr viel weniger. Auto fahren und der ganze Transport macht 15 Prozent des CO2 Ausstoßes aus.
Dann sollten wir weniger Fleisch essen und vor allem weniger Rindfleisch. Das sind Riesenmengen. Ein wichtiger Punkt ist Müllreduzierung und Recycling. Wir müssen das ganze Programm starten und zwar alle! Von der Karibik bis nach Asien! Europa macht natürlich schon sehr viel. Andere Nationen wie Südamerika, Indien, China machen noch etwas Schwierigkeiten, aber sie werden mitmachen müssen.
Ich habe das Gefühl, dass unsere jungen Leute, die jetzt heranwachsen, uns dazu zwingen werden das umzusetzen – nachdem ich die 100.000 Demonstranten dort in Glasgow gesehen habe…
Deren Zukunft ist in Gefahr. Die haben das verstanden. Viele ältere Leute verstehen das anscheinend noch nicht!