Nach kurzer Klärung der Wortbedeutung machen wir uns gespannt auf den Weg. Dieser führt aus dem Konzernforum der Autostadt Wolfsburg über eine Brücke mit Laufband über den Mittellandkanal mit langen Flussfrachtschiffen und über den Wolfsburger ICE-Hauptbahnhof. Freude bei Moritz über das Laufband, mitlaufen, gegen laufen, hüpfen, der Bewegungsdrang ist groß … und schon ist man drüben. Schon der Eingang zum „phaeno“ ist schräge, das Gebäude ist eine gewagte und bejubelte Architektur der Stararchitektin Zaha Hadid, die mit ihren Arbeiten gern die gängige Norm in Frage stellt. Das Gebäude wirkt aus dem Blickwinkel auf die Spitze, den Bug wie ein utopisch anmutendes Schiff … wie ein weißer Betonpfeil. Als das Preisgericht sich seinerzeit für den Bau entschied, sprach es von einem rätselhaften Objekt. Innen scheint außen zu sein und umgekehrt, irritierende Schrägen, kaum ein rechter Winkel, sanfte und fließende Raumverläufe werden durch schroffe und kantige Partien unterbrochen, die kleinen und großen Besucher müssen ihren eigenen Weg finden. Das Science Center es feiert in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum.
Ziemlich hoch, der Lärmpegel, doch der Grund ist die lautstarke Begeisterung der vielen Kinder, den überraschten Ausrufen und an viel Gelächter. Das Angebot, alle möglichen physikalischen Phänomene auszuprobieren, scheint meinen sechsjährigen Enkel im ersten Moment zu überfordern. Moritz hält sich erst einmal an die verschiedenen überdimensionalen Kugelbahnen, findet aber beim gemeinsamen Hochkurbeln der bunten Kugeln schnell Freunde und brennt nun vor Neugier, das Angebot zu erkunden. Wie kann ein Kleiner einen Großen heben? Warum haben Räder manchmal Zähne? In Projekttagen werden beispielsweise Hebel, Zahnräder und Flaschenzüge erkundet Oder Fragestellungen wie: Was ist der Unterschied von Sand, Kies oder Blumenerde? In welchen Böden fühlen sich Regenwürmer wohl? Welcher Boden ist der größte Wasserschlucker? Warum schwimmt ein großer Tanker und nicht der kleine Stein? Alle Fragen werden von dem Spezialistenteam einleuchtend beantwortet, für die Projekte muss man sich jedoch anmelden.
Moritz stehen die Haare zu Berge, er hat mutig den Bandgenerator (van-de-Graaff-Generator) berührt – dieser erzeugt hohe elektrische Gleichspannungen, das Haareaufstellen gehört also dazu, alle finden es lustig, auch Moritz. Im „verrückten Salon“ ist alles schräge, Verunsicherung wechselt ab mit Spass, nach der Erklärung durch die Führung wird alles wieder und wieder ausprobiert – so macht Lernen Spass. Oder der Ball, der über der Luftsäule schwebt, mit ihrer veränderten Luftrichtung geht erstaunlicherweise auch der Ball mit und fällt nicht herunter …
Um Wolkenringe, Ringe aus Rauch zu formen, braucht man Mitstreiter, die sind schnell gefunden, Kinder und Erwachsene haben mächtig Spaß und versuchen, Herzen oder Figuren zu formen. Viel Fantasie entwickelt Moritz an den magnetischen Skulpturen: Die magnetische Kraft ist so stark, dass sich die vielen hunderte Metallringe beliebig zu einem Kunstobjekt formen lassen, ohne umzukippen. Alle halbe Stunde wird die „Feuertornado“-Show entfacht, die Zuschauer finden sich oben an einem tiefen Trichter oder Zylinder ein, denn der Tornado wird bis zu sechs Meter hoch. Moritz weicht auf dem Höhepunkt der Show etwas zurück, doch es kann nichts passieren, alles ist sicher und unter Kontrolle, beruhige ich ihn. Er könnte wenn er wollte im „phaeno“ auch einen „Feuerführerschein“ erwerben.
Gerade ist die Abteilung „Opticks“ neu überarbeitet und eröffnet worden, an einem Teleskop experimentieren die Besucher mit Objektiven verschiedener Brennweite und ergänzen sie mit Okularen und Mattscheiben. Auch der Aufbau eines Diaprojektors oder eines Mikroskops wird hier nachvollziehbar, doch das ist wohl etwas für ältere Kinder, Moritz wendet sich wieder den magnetischen Skulpturen zu. Eltern und Großeltern können ihre Kinder oder Enkel im „phaeno“ beruhigt ‚von der Leine lassen’ und auf eine eigene Abenteuerreise schicken. Moritz ist enttäuscht, als das „Phaeno“ um 17 Uhr „schon“ schließt“, er habe ja noch gar nicht alles ausprobiert: „Wann gehen wir da wieder hin?“.