Schon bei der Anreise mit meinem sechsjährigen Enkel Moritz auf dem Wege in das The Ritz-Carlton entsteht nicht nur eine optisch beeindruckende Impression der Autostadt in Wolfsburg – auch das Fahrgefühl auf der Strasse zum Hotel weckt Neugier. Die Strasse ist in verschiedene Abschnitte aufgeteilt, entsprechend der Entwicklung des Straßenbaus und der Reifenherstellung. So fahren wir über Pflastersteine, Holzpflaster, festen Sand, über leichten oder groben Asphalt. Dadurch sind auch die Fahrgeräusche sehr unterschiedlich. Als kleine Sensation kommt uns, beinahe utopisch anmutend, das sparsamste Auto der Welt entgegen, der VW XL1 – er ist flach, nicht sehr groß, silberfarben, die beiden Sitze sind hintereinander angeordnet und: er verbraucht nur einen Liter Benzin für 100 Kilometer. So einen Wagen möchte Moritz später einmal fahren. Nun ja, ganz so unwahrscheinlich ist es ja nicht, seit 2014 ist schon eine begrenzte Anzahl Exemplare im Bau.
Als erstes empfiehlt sich eine Übersichtsführung durch die Autostadt in Wolfsburg. Wo ist was, was kann man hier machen, sehen und ausprobieren. Eine begrünte, künstliche Parklandschaft mit vielen Wasserflächen, eine Lagunenstadt direkt am Mittellandkanal – mit Sichtachsen zwischen den einzelnen Marken-Pavillons von VW, SEAT, Audi, Lamborghini oder Porsche. Danach ist Zeit, sich das Gelände Stück für Stück, Gebäude für Gebäude zu erobern. Für das „Zeithaus“ ist viel Zeit mitzubringen, denn darin verbirgt sich ein Automobilmuseum. Über 50 Automarken haben hier die Entwicklung und das Design ihre Fahrzeuge vor – das ist erst einmal zu viel für Moritz, wir fangen klein an.
Im „VW-Nutzfahrzeuge-Pavillon“ entdeckt er eine Fensterbank, auf der eine Fülle von Spielzeugfahrzeugen stehen. Ein jedes wird nun auf der riesigen Autodecke im Grundriss der Autostadt ausprobiert, mit glühenden Wangen und den entsprechenden imitierten Fahrgeräuschen. Nutzfahrzeuge sind ein neuer VW-Konzernschwerpunkt. Ich kann mir in Ruhe den neuen „Touareg“ und den „Amarok“-Geländewagen anschauen, da schlägt sogar mein Großmutterherz höher. Am liebsten würde ich die Wagen auf dem Geländeparcours Probe fahren, eine Treppe hinauf, extreme Fahrsituationen auf unwegsamen Gelände versuchen. Doch die Tage gehören Moritz.
Das Niedersächsische Kulturminsterium hat die Autostadt in Wolfsburg mit ihren inszenierten Bildungsangeboten zu einem außerschulischen Lernort erklärt. In jedem Gebäude, jedem Pavillon und jedem Tourangebot geht es um Mobilität. Der Volkswagen Konzern installierte diese Kommunikationsplattform unter dem Motto „Menschen, Autos und was sie bewegt“, macht das Thema Mobilität in all seinen Facetten erlebbar. Mit seiner elektronischen Zimmerkarte kann Moritz auch in das MobiVersum, dazu müssen wir in das Konzernforum-Gebäude. Moritz holt sich seinen Schlüssel für einen VW-Beetle seiner Wahl am Tresen des MobiVersum. Er dreht den Schlüssel im Zünder und auf dem interaktive Simulator, der jedem Beetle installiert ist, beginnt seine erste Fahrstunde durch eine fiktive Stadt. Jede Stufe des Sehens, Entscheidens und Handelns wird erklärt und erst, wenn Moritz alles richtig macht, folgt die nächste Stufe. Plötzlich kleine Komplikationen am Kreisverkehr: wie komme ich hier wieder heraus? Gleichzeitig Verkehrszeichen beachten, Blinker setzen, Gas geben und Lenkrad bewegen, das ist gar nicht so einfach. Doch nach zwei Runden ist es geschafft. Am Ende der Fahrübung erhält Moritz einen Kinderführerschein. Jetzt. Ab April sind diese Aktionen unter „echten“ Verkehrsbedingungen dann draußen auf den dafür vorgesehen Strassen mit elektrischen Minifahrzeugen und wechselnd aufgestellten Verkehrszeichen durchgeführt, für Kinder von fünf bis 11 Jahren.
Im „VW-Nutzfahrzeuge-Pavillon“ entdeckt er eine Fensterbank, auf der eine Fülle von Spielzeugfahrzeugen stehen. Ein jedes wird nun auf der riesigen Autodecke im Grundriss der Autostadt ausprobiert, mit Der Fahrparcours im MobiVersum ist ein weiterer, wenn nicht der größte Anziehungspunkt für Moritz. Er stürzt sich auf eines der eigens für die Autostadt in Wolfsburg entwickelten Fahrzeuge, eine Art Draisine, die nur durch kräftige Armbewegung in Gang zu setzen ist und nicht einfach zu steuern. Ein Go Cart ist noch die einfachste Variante der Fortbewegung in der großen Halle. Das Bastelangebot an den Werkstationen reizt Moritz eher nicht so, er folgt mit seinem Bewegungsdrang der Idee des MobiVersums. Das „Curriculum Mobilität“ ersetzt seit in Niedersachsen sogar die herkömmliche Verkehrserziehung und ist frisch ausgezeichnet von der UNESCO als „Offizielle Maßnahme der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Von der Endlosschleife mit kindgerechten Erklärfilmen im MobiVersum, wo es u.a. um den Aufbau einer Batterie, einer einfachen Brücke über den Fluss oder die genaue Funktion eines Windrades u.v.m. geht, kann ich Moritz nur loseisen mit dem Versprechen, dass er jetzt seine Pizza in der „Pizzeria Al Mano“ selbst backen und nach eigner Wahl belegen kann. Champignons und viel Mais ist seine Zusammenstellung, warum nicht! Er verspeist sie bis zum letzten Krümel.
Gut essen ist in der Autostadt sowieso Thema, hier wird nach den neusten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen in den zehn Restaurants köstlich gekocht. Gerichte, die kaum Transport benötigen, wenig Wasser bei der Zubereitung brauchen. In den Genuss der von Gault Millau hochgeschätzten Wildkräutergerichte von Küchenchef Daniel Kluge im „Chardonnay“ komme ich leider nicht, Kräuter gehören (noch) nicht zum Geschmack eines Sechsjährigen. Statt dessen drückt er sich an der Fensterscheibe der Backstube des „Das Brot“ die Nase platt es duftet wunderbar nach Brot und Kuchen.
Eine Stunde dauert die VW-Werksführung, wir reisen mit dem Schiff an bis zur Werkshalle. Eine hochmoderne Panorama-fensterbahn fährt durch das kilometerlange Werksgelände. Vom ersten Handgriff bis zum fertigen Auto kann hier jeder Schritt nachvollzogen werden. Die Mitarbeiter sind auf 700 Fahrrädern unterwegs auf dem großen Gelände. An einigen Plätzen arbeiten riesige Roboter, Moritz ist ergriffen. So gewaltig hat er sich die Autoherstellung nicht gedacht. 500 Fahrzeuge werden hier jeden Tag entlassen. Würden alle VWs aneinander gereiht in Höhe des Äquators, würde der Autostau 115 mal um die Erde reichen, das ist optisch nachvollziehbar auf einem der beeindruckenden Statistik-Globen im Globenfeld des Konzernforums.
Im 48 Meter hohen Autoturm dann, bei einer schwindelerregenden Turmfahrt haben wir Tuchfühlung mit dem Endprodukt. Ein computergesteuerter Greifarm stellt die nagelneuen Wagen hier in einem Hochregal-Lager ab oder holt sie mit ihren Käufern hier ab. Kein Staubkorn wird darauf sein, bis zur letzten Sekunde werden sie gewienert, „fahren“ dafür durch einen Tunnel in das Kundencenter, ohne die Reifen zu bewegen. Auch dieses technische Wunder muss natürlich von Moritz auf das Genaueste untersucht werden. Ein bisschen wie Disneyland für Autofreaks, so ist die Autostadt, dieser Themenpark. Quietschgelb ist der Lamborghini – er ist alle halbe Stunde zu sehen, immer sieben Minuten nach voll und sieben Minuten nach halb, wenn er sich im Verlauf der Lamborghinishow unter weißem Nebelwolke auf einer Wandscheibe für kurze Zeit nach draußen dreht. Innen ist Moritz die Show zu laut, er hält sich beide Ohren zu. Vielmehr ist es seine Sache, zu schaukeln, was das Zeug hält, eigene Energie zu erzeugen. In der Abteilung „Think Blue“ kann er mit der Schaukel die Landschaft auf den Screenwinden um sich herum zum Erwachen bringen, je doller, desto toller: Vögel fliegen, Blumen und Bäume wachsen und erblühen, Wasser fließt.Er schaukelt, bis ihm fast schlecht wird …
Jetzt ist der Moment gekommen für eine Erholungspause im Spa des The Ritz-Carlton Hotels. Von Anfang an wollte Moritz ja den molligen, blauen Kinder-Bademantel anziehen, der so dekorativ auf seinem King Size Bett in de Suite bereit liegt.