Stadt der tausend Farben
Farbenfrohe Fachwerkhäuser, verwinkelte Gassen und leuchtende Kirchenfenster: Im mittelalterlichen Städtchen Troyes gibt es viel zu entdecken. Verzaubert sind wir aus dieser wunderschönen Stadt in der Champagne zurück und möchten Euch die Highlights unserer Reise vorstellen – von spannenden Stadtführungen und historischen Rundgängen über die reiche Kunstszene bis hin zu den wunderbaren Abenden in der malerischen Altstadt.
Alles begann mit einem Foto von Troyes: Eine Reihe bunter Fachwerkhäuser wie aus einem Bilderbuch – dieses Bild hatte sich in meinem Kopf festgesetzt und weckte in mir den Wunsch, dieses Städtchen in der Champagne zu besuchen. Jetzt stehe ich vor dieser Häuserzeile, versuche das perfekte Foto zu machen, und bin begeistert. In Wirklichkeit ist die mittelalterliche Stadt noch bezaubernder, mit ihrer reichen Geschichte und Kultur. Einst ein bedeutender Knotenpunkt des Handels, ist Troyes heute eine lebendige Stadt voller Farben und Geschichten, die nur darauf warten, entdeckt zu werden – aber der Reihe nach …
Fachwerkhäuser, romantische Gässchen und Innenhöfe
Kaum angekommen, beginnt unsere Reise im Herzen von Troyes. Am Office de Tourisme treffen wir unsere Stadtführerin Pauliana. Sie zeigt uns zunächst einen Stadtplan, auf dem die Altstadt die Form eines Champagnerkorkens – auf Französisch „bouchon“ – hat. Diese Form symbolisiert die enge Verbindung der Region zur Champagnerproduktion. Das Viertel der Aristokraten und Geistlichen, die Cité, gruppierte sich um die Kathedrale, während im Bourg, dem Marktviertel mit den charakteristischen Fachwerkhäusern, hauptsächlich Händler und Handwerker lebten.
Wir beginnen unsere Tour durch die verwinkelten Gassen, in denen jede Ecke ihre eigene Geschichte erzählt. Die liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser strahlen in lebendigen Farben. Die Führung fühlt sich an wie eine Zeitreise durch die Jahrhunderte, in denen Troyes als bedeutendes Zentrum des Handels und der Kultur erblühte. Besonders schön ist, dass wir die Führung auf Deutsch erleben dürfen.
Pauliana verrät uns: Die Häuser sind so schmal, weil in Troyes die Gebäude nach ihrer Breite besteuert wurden – also bauten die Bewohner besonders tief, manchmal sogar bis zur nächsten Straße. Ihre Begeisterung für die Details der Stadt ist ansteckend, ob sie uns die typischen Holzkonstruktion der Fachwerkhäuser erklärt, uns in einen versteckten Hinterhof führt oder auf eine kleine Holzstatue an einer Häuserecke hinweist.
Kirchen, Kathedralen und Kirchenfenster
Troyes beherbergt insgesamt neun historische Kirchen, die vor allem für ihre gotische Architektur und beeindruckenden Glasmalereien berühmt sind. Besonders beeindruckend ist die älteste (und für viele auch schönste) Kirche der Stadt, die Église Sainte-Madeleine. Pauliana zeigt uns hier den kunstvoll gemeißelten Lettner, eine Trennwand, die in mittelalterlichen Kirchen den Chor vom Kirchenschiff abgrenzt. Dieser wurde Anfang des 16. Jahrhunderts geschaffen und diente früher als Plattform für Predigten.
Hinter dem Lettner entdecken wir riesige, bunte Glasfenster, die leuchtende biblische Szenen darstellen. Besonders faszinierend ist, dass man an den Fenstern im Chor den künstlerischen Wandel der Glasmalerei von der Wende des 15. zum frühen 16. Jahrhundert direkt nebeneinander beobachten kann. Nicht umsonst gilt Troyes als Cité du Vitrail – die Stadt der Glasmalerei. Der Wohlstand der Stadt ermöglichte es, über die Jahrhunderte hinweg ein außergewöhnliches Know-how in der Glasmalerei zu entwickeln und zu bewahren.
Ein weiteres Highlight ist die Kathedrale Saint-Pierre-et-Saint-Paul, die Hauptkathedrale von Troyes. Sie ist für ihre prachtvollen Buntglasfenster bekannt, die insgesamt 1500 Quadratmeter umfassen und bis ins 13. Jahrhundert zurückdatieren.
Museum der Glasmalerei: Ausstellung Cité du Vitrail
Seit Herbst 2021 findet ihr im Westflügel des historischen Spitals Hôtel-Dieu-Le-Comte in Troyes die beeindruckende Ausstellung zur Cité du Vitrail. Auf über 3.000 Quadratmetern widmet sich das Museum vollständig der Kunst der Glasmalerei, davon sind fast 1.000 Quadratmeter für Dauer- und Sonderausstellungen reserviert. Ein interaktiver Parcours führt die Besucher durch Originalwerke vom 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Hier könnt ihr hautnah erleben, wie Glas-Kunstwerke entstehen und Meisterwerke aus verschiedenen Epochen bewundern.
Zu den Highlights gehören monumentale Fenster, die bis zu 5 Meter hoch sind und eine beeindruckende Tiefe und perspektivische Präzision aufweisen. Besonders spannend ist die Präsentation zeitgenössischer Werke, die aktuelle Themen aufgreifen. Mein persönlicher Favorit: Ein Bild einer schwarzen Madonna in einer grünen Adidas-Sportjacke – ein faszinierendes Beispiel moderner Interpretation.
Ein besonderes Highlight der aktuellen Ausstellung sind Glasfenster aus der Notre-Dame de Paris, die 1939 vor dem Zweiten Weltkrieg entfernt und nach dem Großbrand vor fünf Jahren wiederentdeckt wurden. Diese Fenster sorgten jahrelang für Debatten, da ihre Farbgebung und Darstellungen als zu modern galten. Nun sind einige dieser Werke erstmals nach 80 Jahren bis zum 5. Januar 2025 unter dem Titel „Notre-Dame de Paris: Der Glasmalerei-Streit“ in Troyes zu sehen.
Tipp: Nicht verpassen solltet ihr auch die Apotheke aus dem 18. Jahrhundert mit ihrer Sammlung von Medizindosen und Fayencen sowie die restaurierte Kapelle aus dem 19. Jahrhundert mit ihren monumentalen Glasfenstern.
Musée Saint-Loup: Beaux-Arts & Archéologie
In unmittelbarer Nähe der Kathedrale von Troyes befindet sich das Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie, untergebracht in der ehemaligen Abtei Saint-Loup, die auf eine lange Geschichte bis ins frühe Mittelalter zurückgeht. Das Museum beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Kunstwerken und archäologischen Funden, die die kulturelle Entwicklung der Region lebendig veranschaulichen.
Besonders spannend für Familien ist die archäologische Abteilung des Museums, die mit interaktiven Exponaten begeistert. Gleich im Eingangsbereich im Erdegeschoss gibt es außerdem eine zoologische Sammlung. Hier werden zoologische Exponate präsentiert, die Besuchern einen Einblick in die Tierwelt verschiedener Regionen geben.
Aktuell wird die Sonderausstellung „Giotto e Carot“ gezeigt, die einen faszinierenden Einblick in die Werke und den Einfluss dieser beiden Meister der italienischen Kunst gibt. Die Ausstellung beleuchtet die tiefgreifende Entwicklung der Malerei von der Gotik zur Renaissance – ein absolutes Muss für Kunstliebhaber, die die Ursprünge der europäischen Kunst erkunden möchten.
Tipp für Kinder: Sonderausstellung „Die Dschungelhelden“ (noch bis Februar 2025). Konzipiert vom Naturkundemuseum in Toulouse und dem Animationsstudio TAT Productions, lädt die Ausstellung Kinder zwischen 7 und 12 Jahren ein, mit den Helden der Serie Die Dschungelhelden auf Mission zu gehen. Dabei werden sie spielerisch für den Schutz von Ökosystemen, Biodiversität und die tropischen Regenwälder sensibilisiert.
MAM is back – Musée d’Art Moderne in neuem Glanz
„MAM is back“ – dieser Slogan ist überall in Troyes zu sehen und ein klares Signal für Kunstliebhaber: Das Musée d’Art Moderne (MAM) hat nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder geöffnet. Das Museum, das in einem ehemaligen Bischofspalast untergebracht ist, beherbergt eine der reichsten Sammlungen moderner Kunst außerhalb von Paris. Mehr als 2.000 Werke von renommierten Künstlern wie Raoul Dufy, Robert Delaunay, Amedeo Modigliani und Pablo Picasso bieten faszinierende Einblicke in die Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts.
Ein besonderes Highlight der aktuellen Ausstellung ist das Gemälde „Die Läufer“ von Robert Delaunay, das anlässlich der Olympischen Spiele 1924 in Paris entstand – passend zu den Olympischen Spielen 2024. Das Gemälde zeigt fünf Läufer in einer Kurve der Leichtathletikbahn vor den leeren Tribünen eines Stadions. Ein interessantes Detail: Bei einer Restaurierung im Jahr 2023 wurde auf der Rückseite des Gemäldes ein Porträt von Bella Rosenfeld, der Frau von Marc Chagall, entdeckt. Dieses Bild entstand möglicherweise während derselben Posing-Session, die Chagall für sein Werk „Bella mit der Nelke“ nutzte.
Abende in Troyes – Schlemmen und Feiern wie Gott in Frankreich -Tipps
Und dann gibt es natürlich die lauen Abende in Troyes. Die Altstadt ist voller Leben, und die kleinen Restaurants und Cafés laden zum Verweilen ein. Ob ein entspanntes Glas Champagner, ein köstliches regionales Gericht oder ein Spaziergang durch die erleuchteten Gassen – die Atmosphäre in den quirligen Gassen ist wirklich ganz besonders.
Unsere Restaurant Tipps:
Restaurant Chez Felix
In den ersten Abend starten wir zum Sonnenuntergang auf der Terrasse des Restaurants Chez Felixin einem Hinterhof mit wunderschönem Renaissance Garten, in dem sogar Salat und Kräuter angepflanzt sind. Direkt im Herzen der Altstadt gelegen, bietet es auch drin eine gemütliche Atmosphäre und eine Karte voller regionaler Spezialitäten. Besonders empfehlenswert sind die hausgemachten Gerichte wie die Quiche Lorraine oder das „Andouillette de Troyes“, aber auch Fischspezialitäten, begleitet von einem Glas lokalem Champagner. Tipp: perfekt für ein entspanntes Mittag- oder Abendessen- unbedingt reservieren, besonders am Wochenende.
Restaurant Chez Felix, 34 Rue Urbain IV, 10000 Troyes
Le Lapin Bleu
Dise charmante Weinbar haben wir gleich in der Nachbarschaft vom Chez Felix in der urigen Gasse in der berühmten Ruelle des Chats entdeckt. Die Bar im Vintage-Stil hat eine super breite Getränkeauswahl, vor allem regionale Weine und Champagner. Zu den Weinen gibt es leckere Platten mit hausgemachter Terrine, Paprika, roten Oliven, Pintxos aus dem Baskenland oder auch Meereskonserven. Es finden regelmäßig Konzerte und Veranstaltungen statt. Wir waren auf einem unvergesslichen Klezmer-Konzert, drei Musiker verzauberten mit jüdischen Melodien. Ein wirklicher toller Abend voller Energie in warmer, intime Atmosphäre drin, aber auch draußen in der romantisch beleuchteten Gasse und einer Art „Wohnzimmer-Garage“ gegenüber. Programm ev. Über Facebook.
Le Lapin Bleu, Adresse: 6 ruelle des chats 10000 TROYES
Le Damier
In einem ehemaligen Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert mit Holzpaneelen, champagnerfarbenen Wände und beeindruckendem Kamin wird traditionelle französische Küche serviert. Wir haben uns für das Tagesmenü entschieden. Köstliches Carpaccio und dann der Hauptgang eine wirkliche Überraschung: Flambiertes Lamm, das am Tisch angezündet wurde, natürlich auch Show aber einfach unglaublich köstlich. Und zum Nachtisch Creme Brûlée. Ein Essen das glücklich macht.
Unser Tipp: Erwachsenenmenü 24 Euro mit Vorspeise, Hauptgericht und Dessert 24 Euro, Kindermenü (Menü für junge Feinschmecker (- 12 Jahre) 10 Euro.
Le Damier, 10 bis rue de la Madeleine, 10000 Troyes
Das Herz von Troyes
ist ein Wahrzeichen und das symbolische Zentrum der Stadt. Es befindet sich an den renovierten Quais des alten Kanals und markiert die Grenze zwischen „Kopf“ und „Körper“ des sogenannten „Korkens“, wie die Altstadt aufgrund ihrer Form liebevoll von den Bewohnern genannt wird. Trotz seines Gewichts von zwei Tonnen wirkt die filigrane Edelstahlkonstruktion, die an eine Spitze erinnert, leicht und schwebend. Entworfen wurde das Herz von dem Künstlerpaar Michèle und Thierry Kayo-Houël aus dem Département Aube. Es gehört zu den beliebtesten Fotomotiven in Troyes, und besonders Kinder lieben es, durch die Wasserstrahlen rund um das Kunstwerk zu toben.
Nachts erstrahlt das Herz in einem leuchtenden Rot und schlägt schneller, je näher man ihm kommt – ein faszinierendes Spiel aus Licht und Emotionen. Das Herz steht symbolisch für die Romantik, die Troyes seit dem 12. Jahrhundert prägt, als die Stadt ein Zentrum der Minnekultur war.
In Sachen Transparenz: Vielen Dank an Explore Grand Est und Troyes la Champagne Tourisme für die Unterstützung und Planung unseres Aufenthalts (Werbung, da Pressereise). Wir stellen nur Erlebniss und Aktivitäten vor, die wir selbst getestet haben und die wir Freunden empfehlen würden!