
Natur und Nostalgie
Rügen ist ein klassisches Ferienziel und Deutschlands größte Insel. Sie bietet auf 926 Quadratkilometern all das, was man sich vom perfekten Ferienort wünscht: Feinsandige Ostseestrände, unberührte Natur, stille Buchten. Seen mit Badewasser-Qualität. Und ein ganz besonderes Gefühl …
Ein schwarz-weißes Foto von 1883. Darauf das „Strand-Hotel“ im Ostseebad Binz. Davor zwei Frauen mit Sonnenschirmchen und Herren mit langen schwarzen Mänteln und Hüten. „Wo ist das?“, fragt die 10-jährige Laura. „Das ist unser Hotel,“ antwortet ihre große Schwester, „vor 131 Jahren.“ Und schon ist sie da – die Nostalgie. Dieses besondere Gefühl, dass uns als Familie mit Kindern ins heutige „Grand Hotel Binz“ hat einchecken lassen. Kein Kinderhotel, nein, das Grandhotel musste es sein. Auf der Ostseeinsel Rügen, wo Luxus und Nostalgie zusammengehören: Rügen und seine Seebäder Binz und Sellin.
Das wussten schon Thomas Mann und der deutsche Kanzler Bismarck zu schätzen. Deshalb haben wir uns ganz bewusst für das weiße Hotel entschieden, das direkt am ruhigen Ende der Strandpromenade liegt, an der sich wie auf einer Perlenkette die perfekt restaurieren, weißen Bädervillen reihen.
Und so reisen wir natürlich auch wie einst die Literaten, Künstler und Politiker nach Rügen an: Mit der Bahn. Der ICE st zwar nicht historisch, dafür aber der „Rasende Roland“, ein echter Klassiker der Eisenbahngeschichte. Seit 1895 im Betrieb, mit Dampflokomotiven aus den Jahren von 1914 bis 1953. Pure Nostalgie halt – ergänzt durch liebevoll restaurierte Waggons. Die Schmalspurbahn bringt uns zu den einzelnen Seebädern der Insel: Mit Tempo 30 in der Stunde und dem vollen Flair einer historischen Reise.
Kinder sind kein Hindernis für nostalgische Gefühle, im Gegenteil. Dass der berühmte Maler Casper David Friedrich die weißen Kreidefelsen im Jahre 1818, genau von der gleichen Stelle aus gemalt hat, an der wir heute im Nationalparkzentrum Königsstuhl stehen, das hat schon etwas spannend authentisches. Im Ausstellungszentrum wählen wir dann selbstverständlich die „Romantische Audioführung“, bei der wir nicht nur über die Entstehungsgeschichte – durch Erosion- der weißen Felsen viel lernen, sondern vor allem über die ausgedrehten Buchenwälder der Insel und ihre tierischen und pflanzlichen Bewohner.
Es ist das Symboltier Rügens, der Seeadler, den wir später im Naturerbe Zentrum auf dem Baumwipfelpfad in seinen Adlerhorst begleiten. Die Kinder finden die Bilder des kleinen Adlers, der bildhaft am Eingang des 1250 Meter langen Baumwipfelpfades so süß, dass sie sich gerne auf das, eigentlich für kleinere Kinder gedachte Spielchen einlassen und so einiges lernen über den Buchenwald auf Rügen.
Über und in den Baumwipfeln ist die Perspektive eine andere. Nana Peter vom Naturerbe Zentrum erklärt in ihrer Familienführung, die täglich um 14 Uhr stattfindet, alles über elastische Bäume, Spechtschmieden und mehrere Seeadlerpäarchen, die hier noch brüten. Bis auf 82 Meter über dem Meer, dreht sich der Weg um eine 75 jährige Buche hinauf zum sogenannten Adlerhorst. Von dort hat man einen wunderbaren Weitblick über die Boddengewässer bis zur blauen Lagune, der Ostsee mit ihren weißen Sandstränden.
Den feinen, weißen Ostseesand zu einer Sandburg zu türmen, das versuchen wir nach unseren Ausflügen fast täglich, doch erst als wir das Sandskulpturenfestival auf der Festwiese in Binz besuchen, wissen wir was man alles aus diesem Sand machen kann. 43 Carving-Sandkünstler haben dort aus 16000 Tonnen Sand und Wasser „eine Zeitreise durch die deutsche Geschichte“ gebaut. Wir blicken gebannt auf Karl den Großen, Martin Luther und die Sandmännchen- als berühmte historische Persönlichkeiten. Alle aus Sand! Bewundern die Riesenhaftigkeit des Kölner Doms, der unsere Sandburg am Strand äußerst kläglich dastehen lässt und erklären den Kindern die Sandskulptur zum Fall der Berliner Mauer.
Es ist das Motto des Sandskulpurenfestivals „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“, ein Zitat von August Bebel , das uns wie eine Zauberformel durch diese nostalgische Reise auf Rügen begleitet. Ein rot-weiß gestreifter Strandkorb. Warme Sonnenstrahlen im Gesicht. Heißer Sand zwischen den Zehen, die Füße suchen Kühlung im klaren Meer. Und während wir langsam wegdösen, hören sie noch mit halbem Ohr lachende Kinder und das Rufen der Möwen – all das ist Rügen.
Text & Fotos: Sonja Vodicka
Infos:
Hoteltipp Nostalgie: Grand Hotel Binz, Strandpromenade 7, 18609 Binz/Rügen, Tel. 038393/150, www.grandhotelbinz.com ideal für Familien ist die 3-Raum- Maisonette Suite, Preis ab 165 Euro pro Erwachsenen, Kinder bis 3 Jahre kostenfrei, 4-11 Jahre 40 Euro, 12-17 Jahre 65 Euro. Badelandschaft auf 750 Quadratmeter. Wellnessanwendungen im Thai- Bali Spa, Ayurveda Anwendungen, Menüs und Workshops mit Ayurveda Arzt Dr.Raghavendra Shetty.
oder speziell für Familien:
Strandhotel Arkona, mit Hotelzimmern und Appartements und hauseigener Kinderbetreuung „Spatzennest“ und Jugendclub. Strandpromenade 59, 18609 Binz /Rügen, Tel. 038393/550, www.arkona-strandhotel.de, Preis: ab 54 Euro pro Erwachsenen, Kinderermäßigung ab 6 Jahre 50 Prozent.
Aktivitäten:
*Naturerbe Zentrum Rügen: Forsthaus Prora1, 18609 Ostseebad Binz, Tel. 038393/662200, www.nezr.de
*Sandskulpurenfestival 2014, Festwiese Binz, taglich bis November 2014 ab 10 Uhr geöffnet, www.sandfest-ruegen.de
*Nationalparkzentrum-Zentrum Königsstuhl: Stubbenkammer 2, 18546 Sassnitz/Rügen, Tel. 038392/661766. www.koenigstuhl.com