Auf der ganzen Welt zuhause
Die Journalistin Janina Breitling ist als alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn Max 24 Monate um den Globus gereist. Über ihre Erfahrungen hat die Wahl-Balinesin ein Buch geschrieben: „Bärti muss mit!“. Darüber und über noch vieles mehr haben wir mit ihr gesprochen.
Bevor Ihr Sohn in die Schule kam, haben Sie mit ihm eine Weltreise gemacht. Erst war diese für ein Jahr geplant, dann haben Sie auf zwei verlängert. Mit welchen Gefühlen sind Sie aufgebrochen?
Ich wusste, dass die Rückkehr in meine Wohnung und meinen Job möglich gewesen wäre. Gleichzeitig war ich mir sicher, dass unterwegs alles gut laufen würde. Das hat sich schon bei unserer ersten Station bewahrheitet: Auf Bali haben wir uns beide total wohl gefühlt und gleich Einheimische kennengelernt, die uns selbstverständlich in ihr Leben integriert haben. Außerdem kam dort ein Unternehmen auf mich zu, das Reiseberichte von mir wollte. Dem folgten andere Auftraggeber, so dass mein Verdienst reichte und ich nicht nur von Ersparnissen leben musste.
Hätten Sie sich manchmal einen Erwachsenen an Ihrer Seite gewünscht?
Es gab Situationen, in denen mir das bei Entscheidungen oder meinem Skate-Unfall, bei dem ich mir die Bänder im Knie gerissen habe, geholfen hätte. Andererseits hat es auch Vorteile, als alleinerziehende Mutter mit Kind zu reisen. In den Augen vieler Menschen waren wir wohl eine zerbrechliche Einheit, die jeder unterstützen wollte. Das wäre einem Pärchen nicht passiert. Allein habe ich mich fast nie gefühlt. Wir hatten sehr viel Glück mit den unterschiedlichsten Leuten.
Hat dazu auch das Couchsurfing beigetragen, das Ihre bevorzugte Unterkunftsart war?
Dabei kommt man automatisch in Kontakt und macht ganz andere Erfahrungen als in einem Hotel.
Sie selbst konnten sich auf Englisch verständigen. Aber wie ging es Ihrem Sohn?
Auf Bali hat er die ersten Worte aufgeschnappt. Dort hat dann er ohne mich einen Surfkurs gemacht, in dem nur Englisch gesprochen wurde Trotzdem ist er relativ gut zurecht gekommen. In Australien klappte es dann immer besser, bis es irgendwann auf Englisch aus ihm heraus sprudelte. Mittlerweile ist Max perfekt zweisprachig.
Was hat die Reise ansonsten noch mit ihm und Ihnen gemacht?
Wir sind beide superentspannt geworden. Denn es gab immer eine Lösung – egal, was passierte. Unsere zweite Lektion war Offenheit. Max hatte aber genauso wie ich auch zuvor schon keine Hemmungen, auf Menschen zuzugehen. Das hat sich unterwegs noch gesteigert.
Hat die Reise Ihren Blick auf Deutschland verändert?
Von außen betrachtet, kam und kommt mir vieles befremdlich vor. Obwohl in Deutschland die meisten materiell alles haben und die soziale Absicherung von Krankenkasse bis Rentenversicherung hoch ist, wirken viele Menschen unzufrieden. Um sich besser zu fühlen, konsumieren sie ständig. Das sind nicht meine Werte – genauso wenig wie heiraten, ein Haus bauen oder eine Festanstellung. In Indonesien ist die Lage ganz anders. Obwohl es da weder finanzielle noch soziale Sicherheit gibt, sind die Balinesen guter Dinge und unglaublich warmherzig.
Wo fühlen Sie sich heute zuhause?
Auf der ganzen Welt. Im Moment sind wir auf Bali glücklich, aber das wäre auch an anderen Orten denkbar. Mit meiner Familie und meinen Freunden, wie wir rund um den Globus haben, bin ich mit digitalen Medien wie WhatsApp, Skype und Emails immer in Verbindung. Außerdem haben wir oft Besuch.
Was soll Ihr Sohn von Ihnen lernen?
Dass es zu jedem System Alternativen zu gibt und dass man seine Träume leben kann. Unser Alltag hier ist wirklich cool: Wir wohnen in einem kleinen Dorf, sind aber schnell im nächsten größeren Ort – Canggu. Max geht in eine freie, internationale Schule, in der zehn Kinder auf zwei Lehrer kommen, viele kreative Sachen und Yoga gemacht werden, Hühner herumlaufen. Ich kann wie andere digitale Nomaden mit dem Laptop von hier aus arbeiten. Ansonsten gehen wir jeden Tag surfen, skaten und Freunde treffen.
Ist Ihr Reisefieber abgeflaut?
Nach der Weltreise hatten wir erst mal nur das Bedürfnis, an einem Ort zu bleiben. Jetzt kommt langsam die Lust wieder, uns etwas anzuschauen. Und das sowohl auf Bali als auch in Deutschland, wenn wir im Mai wieder mal ein paar Wochen dort sind. Max ist das momentan noch wichtiger als mir. Seine Berufspläne stehen auch schon fest: Später möchte er Pilot werden.