Weg mit dem Babyspeck
Ach, was hatte man für einen schönen, kugelrunden Bauch in der Schwangerschaft! Aber jetzt könnte er endlich mal wieder verschwinden…
Wie eine Detox-Diät in Österreich aus super Müttern sexy Mütter macht !
Unsere Autorin Yvonne hat eine Auszeit von ihren Kindern für eine ganz besondere Entschlackungskur genutzt …
Die Waage! Der Feind einer jungen Mutter. Direkt nach der Geburt hat man sie noch geliebt, weil sie jeden Tag sturzartig weniger Pfunde anzeigte, aber dann bleibt sie irgendwann stehen. Wie ein bockiger Esel bewegt sie sich kein Gramm weiter. Dabei hat man nach dem Stillen schon gefühlt ewig Diät gehalten, sich artig mit blöden Beckenboden-Übungen gequält und ist ins Fitnessstudio gerannt. Aber nein. Die Zahlen, die einem die Waage blinkend entgegen schleudert, scheinen dich auszulachen. Haha, liebe Mami, du wirst nie wieder dein Vorgeburtsgewicht erreichen!
„Jedes Kind zwei Kilo“, sagt meine Freundin und zuckt mit den Schultern. Wir haben beide zwei Kinder, also vier Kilo für jede von uns. Muss man sich damit abfinden? Zeugt es schon von Raben-Mutter-Qualität, will man diese Dokumentationen der Schwangerschaften loswerden? „Ich liebe meine Kinder auch ohne Speckrollen“, sage ich zu meiner Freundin. Und weil junge Mütter außerdem latent unter Schlafmangel leiden und irgendwann eine Auszeit benötigen, buchen wir uns eine Reise nach Österreich in das „G’sund & Natur Hotel Die Wasnerin“. Ohne Kinder.
Vollkommen überrumpelt vom unerwarteten Egoismus versprechen unsere Männer, fünf Tage lang selbstverständlich ohne uns auszukommen. „Erhol dich gut“, sagt mein Mann und ruft in der selben Sekunde meine Schwiegermutter an. „Mama, kannst du kommen?“ Egal, wir sind dann mal weg …
Unser Hotel liegt in Bad Aussee, dem geografischen Mittelpunkt Österreichs. Jedes Haus hier scheint an einem dorfinternen Wettbewerb teilzunehmen: Wer hat die üppigsten Blumenkübel auf dem Balkon? Es blüht und grünt und alle tragen Tracht. Eine Idylle, die Großstadtfrauen in einen sofortigen Entschleunigungsprozess versetzt. Jetzt bloß nicht an einer Rose stechen, man würde vermutlich wie Dornröschen für immer einschlafen. Womit wir bei unseren Betten wären: sensationell! Komplett schadstofffrei sei das Zimmer angelegt, erklärt uns Mario Habacher vom Hotel „Die Wasnerin“. Kein Kunststoff oder irgendein anderes unnatürliches Material solle diesen Kraftort stören. Es gibt eben Wellnesshotels und Wellnesshotels, dieses meint es wirklich ernst mit der Erholung. Um die Natur hautnah zu spüren, gibt es viele „lebendige Wände“, die mit Moos, Pflanzen und Hölzern bewachsen sind. Von allen Räumen aus sieht man weit in die Ferne, entweder auf den Loser oder auf den Dachstein. Wenn man bedenkt, dass ich sonst häufig im Stau auf stinkende Auspuffe blicke, wirkt allein das Alpenpanorama entgiftend auf mich. Doch es gilt ja: Ran an den Speck! Unser Detox-Programm beginnt mit einem leichten Abendessen, bei dem wir fast in Tee ertrinken. Es erscheint uns zunächst unmöglich, einen ganzen Liter Flüssigkeit aufzunehmen. Komisch, warum funktioniert das mit Weißwein viel einfacher als mit Kräutertee? Egal, wir müssen erst mal wieder richtiges Trinken lernen.
Am nächsten Morgen untersucht uns Dr. Christa Lind und erklärt uns den Plan für die nächsten Tage bzw. für unsere künftige Bikinifigur. Wir werden drei kleine, basische Mahlzeiten aus Gemüse und nur wenig Eiweiß am Tag zu uns nehmen, die wir möglichst langsam essen sollen. Gutes Kauen macht nicht nur länger anhaltend satt, sondern durch die Aktivierung der Speicheldrüsen erfolgt die Verdauung im Magen besser, das Essen wird schneller weitertransportiert und der Stoffwechsel beschleunigt. Weitere wichtige Regel: Mindestens vier Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten. „Ihre Bauchspeicheldrüse braucht auch mal Auszeiten“, sagt Dr. Lind. Aha. Ist die etwa auch gestresst? Tatsächlich. Und das macht dick! „Jede Nahrungsaufnahme führt zu einer Insulinausschüttung, um den Zuckerspiegel in der Norm zu halten. Und immer dann stoppt die Fettverbrennung“, erklärt Dr. Lind. Damit wäre die größte Figur-Falle junger Mütter aufgedeckt. Weil ein Baby so viel Aufmerksamkeit fordert, kommen wir selten dazu, uns ein richtiges Mittagessen zu kochen, geschweige denn, es in Ruhe zu essen. Wir snacken uns durch den Tag mit Kleinigkeiten, hier ein Brot, da ein Apfel, gar nicht so viele Kalorien, aber mit jeder Kleinigkeit wird die Fettverbrennung gestoppt.
Da Entgiftung über den Magen und über die Haut funktioniert, ist unsere erste Anwendung ein Bad. Habe ich zuvor ehrlich gesagt nie verstanden, warum sich Menschen in Spas ein Bad buchen, das kann man zu Hause wirklich günstiger haben. Doch was ich jetzt erlebe, das ist baden 2.0! Die Hightech-Wanne gefüllt mit ätherischen Ölen aus Kiefer, Thymian, Zitrone und Geranie (da ist der wieder, der Balkon-Wettbewerb) blubbert alle verspannten Körperteile und Schlacke weg. Es prikelt und schäumt, ich fühle mich wie in einem Sektglas. Cheers !
Im Laufe der nächsten vier Tage erhalten wir weitere Anwendungen, die dem Körper alle eines signalisieren: Let it go! Loslassen! Es gibt Lymphdrainagen, manuelle Bauchbehandlungen und eine bioenergetische Entschlackungsbehandlung. Nie zuvor gehört? Ich auch nicht. Wieder ist Hightech im Spiel. Ein sogenannter Lymphtrainer erzeugt einen Unterdruck auf der Haut, vor allem auf den Rückenreflexzonen. Die Therapeutin schiebt angerundete Vakuum-Gläser über meine Haut, das sieht auf den ersten Blick aus wie Schröpfen, macht aber keine Blutergüsse. Nachdem der Körper so durchblutet und entstaut wurde, lege ich mich mit einem Heublumenwickel auf eine Art Wasserbett. Auf Knopfdruck sinke ich plötzlich ein – genauso würde es sich anfühlen, könnte man auf Wolken liegen, denke ich. „Die Schwebeliege wurde so konstruiert, dass sich Erwachsene wie ein Baby in der Gebärmutter vorkommen“, sagt die Therapeutin. So gut hatten es meine Kinder in mir? Was für ein Gefühl von Aufgehobensein! Ich bin ein bisschen gerührt; auch, weil meine tagtägliche „Ich kümmere mich um andere“-Attitüde spätestens jetzt ins Gegenteil verkehrt wurde. Muss man allerdings erst mal mit umgehen können. Ich gebe zu, dass mir das Genießen und Nichtstun zunächst wie Zeitverschwendung vorkommt. Zum Glück gibt es ein paar Nebenwirkungen der Entgiftungserscheinungen, die mir verdeutlichen: Mein Körper arbeitet auf Hochtouren, selbst wenn ich gerade scheinbar wenig tue. Für die Kopfschmerzen erlaubt mir Dr. Lind Kaffee oder grünen Tee, niemand solle zu sehr unter Koffein-Entzug leiden, sagt sie: „Sowieso muss sich bei uns niemand kasteien. Wer noch Hunger hat, darf jederzeit eine weitere Suppe bestellen. Strenge Schema bringen nichts. Allein durch die Zusammenstellung der Nahrung erreichen wir eine Gesundung des Darmes.“
Und des Geistes! Meine Freundin und ich wälzen uns beide nachts zwischen zwei und drei Uhr in unseren Betten hin und her und durchleben wilde Träume. Warum nur?, fragen wir irgendwann die Therapeuten. Weil genau zu der Zeit unsere Leber auf Hochtouren arbeitet. Sie muss wie die Hamburger Müllabfuhr nach den G20-Ausschreitungen Höchstleitung erbringen; unser Unterbewusstsein lässt sich von dieser Emsigkeit anstecken. Neben dem Fett schmeißen wir giftige Gedanken weg.
Dabei helfen auch die Yoga-Stunden, die mehrmals am Tag angeboten werden. Beim Detox-Yoga sollen wir zum Beispiel Gähnen wie ein Löwe, um unsere Energiekanäle zu reinigen, und machen viele Vorwärtsbeugen und Drehsitze. So bewegen und durchbluten wir unsere Organe, kurbeln den Stoffwechsel an. Vor allem aber geht es um die Beruhigung unserer Gedanken, sagt Yoga-Trainerin Michaela Eppinger. Mütter überforderten sich gerne selber, indem sie zu viele Aufgaben gleichzeitig wuppen und permanent grübeln, ob sie alles gut genug machen, findet Eppinger. „Außer Entzündungen und einer gestörten Verdauung bringt das nichts. Ruhig mal etwas Kontrolle abgeben und mehr im Jetzt leben. Wer sich als Mama von Kleinkindern zum Beispiel bereits sorgt, ob der Nachwuchs später Abitur machen wird, der verpasst die besten Augenblicke. Außerdem: Kinder spüren Überforderung. Es geht ihnen besser mit einer entspannten Mutter.“ Ob das Abendessen etwa selbst gekocht oder bestellt wurde, sei ihnen egal. Meine Freundin klatscht begeistert in die Hände. Endlich hat ihr jemand das schlechte Gewissen genommen; sie ist bekennder Pizza-Lieferservice Junkie.
Ebenfalls ideal für Mamas ist das in „Die Wasnerin“ angebotene Cantienica-Training. Erschlaffungen des Bindegewebes und Fehlhaltungen durch das Tragen der Babys können mit diesem Trainingskonzept behoben werden. Petra Heim zeigt uns die Übungen. Ich denke erst, überhaupt kein Problem, das ist Faultier-Sport, aber dann merke ich die Anstrengung. Wie eigentlich bei der ganzen Detox-Kur findet das Wesentliche unsichtbar in uns statt.
Am vierten Tag verlaufe ich mich schon nicht mehr im 2400 Quadratmeter großen Wellness-Bereich, genieße aber immer noch die ungewohnte Ruhe. Es gibt keine Musikberieselung zur Animation, keine für eine Übernachtung einfallenden Bustouren und keine Kinder unter 16 im Saunabereich und dem Panorama-Floor. Wie kann ich das so positiv hervorheben, als Mama? Gerade weil ich einmal alleine unterwegs bin, schätze ich es außergewöhnlich, niemanden beim Arschbomben üben oder Schnött verteilen beobachten zu müssen.
Der größte Luxus besteht für mich jedoch darin, ungestört essen zu dürfen. Obwohl es kleine Portionen sind, habe ich den Eindruck, viel satter zu werden als Zuhause, wo ich nebenbei meine Tochter mit Brei füttere, meinem Sohn ein Brot schmiere, verschüttete Milch aufwische und das Telefonat meines Mannes annehme. Meine Freundin und ich werden zu Foodporn-Instagrammern, wir fotografieren und teilen fast jede Mahlzeit, weil wir uns wie Schneeköniginnen darüber freuen. Rosinen-Bananen-Müsli, Quinoa-Spargelsalat mit Avocadodip, Karotten-Apfelcremesuppe, pochiertes Saiblingsfilet auf Sesam-Blattspinat… Könnte ich es schaffen, meinem Essen künftig diese Begeisterung und Wertschätzung entgegen zu bringen, dann wäre einiges geschafft. Minus zwei Kilo weniger am Ende der fünf Tage erfreuen mich natürlich, aber das beste Geschenk macht mir Dr. Lind, als sie zum Abschied sagt: „Gönnen Sie sich was. Ein Glas Wein oder Schokolade, was soll’s. Freude stärkt das Immunsystem!“
In Sachen Transparenz: Wir bedanken uns beim Hotel „Die Wasnerin“ für die freundliche Unterstützung dieser Reise (Werbung, da Pressereise). Wir empfehlen nur Hotels und Destinationen, die wir selbst getestet haben und die wir für Familien oder Mütter geeignet finden.