„Das gute Wasser, frische Luft, a Gaudi und Bewegung“, schlicht und einfach scheint das Geheimnis, das Hans und Maridl Pernthaner von der Seitenalm so gesund altern lässt. Die beiden Abtenauer Urgesteine, Jahrgang 1922 und 1928, beide topfit, sechs Kinder und 12 Enkelkinder, leben das ganze Jahr auf der 400 Jahre alten Alm unterhalb des 1023 Meter hohen Hochsattels- allein. Es sei denn Wanderer verirren sich zu ihnen hinauf. Im Sommer, wenn hier oben die Alm auch vom Vieh des Pfafflbauern beweidet wird, kommt das häufig vor, doch im Winter, wenn das Tal unter dem Fichtlhofberg tief verschneit ist, wagt sich kaum ein Fremder zu Fuß vom Ortskern von Abtenau nach Unterberg und weiter den Forstweg Richtung Hochsattel hinauf. Aus Angst den Weg umsonst gemacht zu haben. Ein sicheres Zeichen, dass immer jemand auf der Alm ist, sind Traktorenspuren im Schnee. Sie zeigen an, dass Maridl Pernthaner wieder einmal runtergefahren ist, ins Dorf, zum Einkaufen. „Ein paar Grundnahrungsmittel brauch ma im Winter scho,“ sagt die schlanke alte Dame, denn schließlich soll ein jeder bewirtet werden, der hier oben hungrig ankommt. Am liebsten mit einer Brettljause und Maridls unvergleichlichem Kaiserschmarrn. Da isst dann Ehemann Hans auch gerne gleich eine Portion mit. Maridl, die ihre gesamten 89 Lebensjahre auf der Seitenalm verbrachte, erzählt derweil von den vielen harten Wintern, als sie, damals noch ein kleines Mädchen, jeden Tag zu Fuß nach Abtenau in die Schule laufen musste. „Genau den Weg, den ihr hochgekommen seid, sind wir zweimal am Tag gegangen“. Da haben wir es-Bewegung, das Geheimnis Nummer eins für ein hohes, gesundes Alter.
Geheimnis Nummer zwei lässt auch nicht lange auf sich warten. „Maridl, mogst uns was vorsinga?“ fragt Hans, reicht ihr die Gitarre, die über dem Kachelofen hängt. Und schon geht’s los: Die Stimme der alten Sennerin gleich plötzlich einer jungen Frau und wenn sie übers „Fensterln“ singt, dann grinst der Hans über beide Ohren. Maridl lacht:“ Der wird im Alter immer schlimmer!“ Geheimnis Nummer Drei ist schließlich der Jungbrunnen Abtenaus: Das Wasser der Rupertiquelle, das sogar die Lammertaler Forellen besonders schmackhaft und gesund hält. Wegen ihr wäre aus Abtenau fast „Bad Abtenau“ geworden und das Dorf im Tennengebirge hätte sich in die Kette der mondänen Kur- Bäder wie Karlsbad, Marienbad oder Bad Reichenhall eingereiht.Um 1900 errichtete ein Schweizer Hotelier in Abtenau ein Kurhaus. Die Heilquelle, die man im Gemeindegebiet gefunden hatte, entsprach in seiner Wirkung und Zusammensetzung jenem der weltberühmten Heilquelle von Karls und Marienbad im Böhmischen Bäderdreieck im Westen Tschechiens. Es wirkte bei Stoffwechsel- und Verdauungsproblemen und wurde als Trinkkur angewendet. Doch weder Kur noch Kurhaus überstanden die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einen neuen Anlauf zur Nutzung der Heilquellen Rupertus- und Anenquelle unternahm die Gemeinde im Jahr 1997. Sie kaufte die Quellen und entwickelte ein Kurprojekt. Erste Planungen wurden mangels Investoren wieder in der Schublade versenkt. Einzig im Zentrum Abtenaus, hat sich die Familie Moisl in ihrem Hotel die Mühe gemacht die Rupertiquelle in ihr Haus zu holen. Seither sprudelt das Mineralwasser dort aus einem weißen 150 Jahre alten Marmorbrunnen. „Mein Schwiegervater schwört darauf, dass er durch Inhalieren dieses salzhaltigen Heilwassers Grippe und Kiefernhöhlenentzündungen lindert“, sagt Veronika Moisl.
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Vielleicht gibt es noch ein Geheimnis für all die gesunden Abtenauer: im Winter ist es zugeschneit, aber auf einer märchenhaften Wanderung vom Hotel Moisl aus zu erreichen: es ist der Egelsee. In der Sommer-Frische-Zeit um 1890 wurde dort, in eigens gebauten Badehütten, Moor- und Schlammpackungen verabreicht. Jetzt im Winter ruht er still und starr im Wald, die Hütten gibt es schon lange nicht mehr, dafür aber einen von der Sonne beschienenen Wanderweg und die Egelseeloipe, die rund herum führt zur Fischbachloipe, bis hinunter in die Au. Dort kann man die Langlaufskier abschnallen und weiterlaufen nach Unterberg und von dort den Weg hinauf zur Seitenalm. Hier oben wird man schon erwartet von Hans und Maridl Pernthaner. Das ganze Jahr.
Ein zweites Geheimnis birgt der Dachsteingletscher. Besonders schön ist er von der Gondel zur Zwieselalm aus zu sehen. Darunter, wo im Winter nie die Sonne hingelangt liegt mystisch der ewig vereiste Gosausee. Um ihn und den Gletscher rankt sich eine Legende, die so alt ist wie die Besiedelung der Gegend selbst: Die Sage vom Dachsteinkönig. Sie beginnt so: „Dort, wo heute die Dachsteingletscher im Sonnenlichte erglänzen, lagen vor langer, langer Zeit ausgedehnte Almgründe, auf denen das Vieh ganz besonders wohlschmeckende Gräser fand…“. Doch weil die Sennerinnen zu übermütig und verschwenderisch mit ihrem Hab und gut, Milch und Käse, umgingen wurden sie von dem, als altem Bettler verkleideten Dachsteinkönig, verwunschen und ins ewige Eis mit den Worten verband:“ Dem Dachsteinkönig habt ihr Rast verwehrt, so sei euch künftig Hab und Gut zerstört! Der Schnee bedecke euch und Alm und Herden und nie mehr soll`s hier oben aper werden!“ Das neue Kinderhotel „Dachsteinkönig“, das weiter unten im Tal am Ufer des Gosaubaches liegt, der bis heute weißes „Milchwasser“ vom Gletscher anschwemmt, hat sich diese Sage zum Motto gemacht. Allwöchentlich wird hier im Kindermusical nach einem Jungen gesucht“der noch nie gelogen hat“ und mit einem schwarzen Stier, einem schwarzen Hund und einem schwarzen Hahn den Gletscher besteigt und die Sennerinnen erlöst. Aber ob dies alles je einmal zutreffen wird? Jedenfalls wartet im ersten Stock des Hotels schon Stier Toni auf die Kinder, im zweiten Stock ist das „Revier von Hund Liesl“ und der tapfere Bub soll Godei heißen, das hat Hotelchef Florian Mayer schon verraten.
Mit freundlicher Unterstützung vom Hotel Moisl und vom Hotel Dachsteinkönig.