Geschichte hautnah erleben!
In den Fußspuren der Soldaten in Südjütland: Wenn Kinder Krieg spielen und ganze Familien sich mit Waffen und in Uniformen fotografieren lassen, dann hat das bei uns in Deutschland einen seltsamen Beigeschmack. Nicht so in Südjütland, dem Grenzland zwischen Deutschland und Dänemark. Rechtzeitig zu Jahresende werden hier an der Grenze zwischen Schleswig und Jütland die Kriegsereignisse von 1864 wiederbelebt.
„Halten Sie sich die Ohren zu, spüren Sie den Luftdruck und riechen Sie den Pulverrauch, erleben Sie dänische Geschichte mit, wenn die Kanonen über Dybbøl Skanse donnern.“ So wirbt die Broschüre des Geschichtscenters Dybbøl Banke in der Nähe von Sønderborg, nur einen Katzensprung von Flensburg entfernt. Das Städtchen mit seinen 30 000 Einwohnern mit seinem wunderschönen Hafen und dem Schloss lohnt allemal einen Besuch. Dass Krieg einerseits erschreckend, aber für die Dänen anscheinend auch eine gewisse Faszination ausübt, erfahren wir bereits am Fuße des 700 Jahre alten Stadtschlosses. Ein Markt aus dem 18.Jahrhundert ist hier aufgebaut, so ähnlich wie er im geschichtsträchtigen Jahr 1864 an dieser Stelle stand. 150 Jahre ist es her, dass das Gebiet von Sønderborg der Schauplatz für einige der dramatischen Kriegsperioden des Landes war, als im Krieg von 1846 die Dänen, Preußen und Österreicher ums Herzogtum Schleswig kämpften. Auslöser für den Angriff der Deutschen am 1.Februar 1864 war die Novemberverfassung vom 18.November 1863. Damit verleibte sich das Königreich Dänemark das Herzogtum Schleswig ein. Höhepunkt und Niederlage der Dänen war der Rückzug der Dänischen Truppen auf die Düppler Schanzen, die von den Preußen am 18.April 1864 nach langer Belagerung gestürmt wurden.
Eben dieser Moment wird nur 10 Autominuten von Sønderborg entfernt immer wieder aufs Neue erlebbar. Auf den Dybbøl Banke, den Düppler Schanzen wird die traurige Vergangenheit in einem Erlebnispark für die ganze Familie festgehalten. Mit Humor, statt mit erhobenem Zeigefinger oder gar Groll wird von Männern in Originaluniformen vorgeführt, wie einst die Kanonen geladen und abgeschossen wurden, wie die Soldaten zu exerzieren hatten. Klar, dass da alle Zuschauer mitmachen!
In einem Soldatenfeldlager gibt es original Linsensuppe und Pfannkuchen. Natürlich zum Selbstbacken über offenem Feuer. So wie sich auch einst die Soldaten selbst versorgen mussten, können Kinder für einen Spielschilling hier probieren inwieweit sie es schaffen ihren Hunger selbst zu stillen. Weniger lustig ist vielleicht die Vorstellung, dass es damals in der Schlafbaracke nur so von Läusen wimmelte und die Soldaten in Schichten schlafen mussten, wie die deutschsprachige Führerin anschaulich erzählt, als sie uns durch das wieder aufgebaute Barackenlager der Dänischen Reservekräfte führt. In Richtung Ausgang hängen Abbildungen von Amputieren Armen und Beinen an den Wänden. Was uns mit Grausen erfüllt sehen die Dänen anders:“ Manche mögen fragen, ob eine solche vernichtende Niederlage etwas ist was man markieren sollte?
Die Antwort ist einfach-natürlich sollte man dies. Nicht weil man die dramatischen Ereignisse und tragischen Menschenschicksale, in denen der Konflikt resultierte, sondern weil der Konflikt ein Meilenstein für die Entwicklung war, die Südjütland und Dänemark im Guten und im Schlechten bis heute prägt“, sagt Touristchef Karsten Justesen. So ist es nicht erstaunlich, dass vor allem Kinder und Jugendliche im Geschichtszentrum Düppler Schanzen am lebhaften Geschichtsunterricht begeistert teilnehmen. Geschichtsvermittlung findet hier mit allen Sinnen statt, auch mit modernster Technologie: auf ihrem Handy können Kinder und Jugendliche Augenzeugenberichte in beiden Sprachen, dänisch und deutsch, genau dort anhören und ansehen, wo alles stattfand im Jahre 1864 an den Dybbøl Banke.
Text: Sonja Vodicka
Informationen: Düppler Schanzen Geschichtszentrum, Öffnungszeiten täglich 10 bis 17 Uhr, www.1864.dk, www.dusj.dk
Übernachtungsmöglichkeiten: im historischen Hotel Baltic www.hotel-baltic.dk
oder im modernen im Hotel Comwell in Sønderborg www.comwellsonderborg.dk