Schlafen im historischen Gefängnis
Wie wäre es mal mit einem außergewöhnlichen Übernachtungstipp? In Alkmaar habt Ihr die Möglichkeit, in einem historischen Gefängnis aus dem Jahr 1884 zu übernachten. Zum Glück sind die Zellen mittlerweile in gemütliche Zimmer verwandelt worden, denn seit 2020 ist das Gebäude ein Vier-Sterne-Boutiquehotel.
Nur 15 Gehminuten vom malerischen Zentrum von Alkmaar entfernt, liegt das Boutique-Hotel The Fallon. Es befindet sich im ehemaligen Gefängnisgebäude „Schutterswei“, das behutsam in ein stilvolles Hotel umgewandelt wurde. Das Highlight und Herzstück des Hotels ist das original erhaltene Treppenhaus. Es erinnert sofort an Serien wie „Orange Is the New Black“ – die Atmosphäre mit den Metalltreppen und den Stahlbrücken zu den ehemaligen Gefängnistüren ist beeindruckend. Auch die mächtige Stahltür zu meinem Zimmer ist eine renovierte, gut erhaltene Zellentür.
Treppenhaus im historischen Gefägnis: früher und heute
Schlafen hinter Gittern: Meine Zelle 317
Beim Betreten meines Zimmers bin ich jedoch positiv überrascht: In den historischen Mauern erwartet mich ein freundliches, modernes Ambiente. Blaue Tapeten, stilvolle Spiegel und Leuchten schaffen eine gemütliche Atmosphäre, und das Sonnenlicht strömt durch das Fenster (ohne Gitter) direkt auf das bequeme Boxspringbett. Aus zwei Zellen wurde hier ein komfortables Hotelzimmer gestaltet. In der ehemals zweiten Zelle befinden sich ein Ankleidezimmer mit Schrank und Sessel sowie das Badezimmer mit einer begehbaren Dusche in einer Glasbox. Ich fühle mich sofort wohl.
Nach dem Abendessen steht noch eine Gefängnisführung auf dem Programm – ich bin gespannt, ob sich mein Eindruck des „Knastlebens“ noch ändert…
Abendessen hinter Schloss & Riegel: Restaurant D’arrêt
Direkt neben dem ehemaligen Gefängnistrakt liegt das Restaurant D’arrêt, das mit seinem gemütlichen, leicht schummrigen Ambiente sowie einer Mischung aus französischer und internationaler Küche besticht. Hier werden überraschende Gerichte aus saisonalen und lokalen Produkten zubereitet. Vorab genießen wir ein „The Fallon Triple“, ein sogenanntes „Boevenbier“ (Verbrecherbier), eine Special Edition, die perfekt zur Geschichte des Ortes passt. Auf dem Etikett wird eine berühmte Fluchtgeschichte erzählt:
ENTKOMMEN AUS ALKMAAR: Am 31. Oktober 1988 entkamen 10 Häftlinge aus dem Gefängnis Schutterswei in Alkmaar. Der Ausbruch erfolgte über die Toilette, was sie zwei Monate und zehn Tage lang geplant hatten. Wie die Flucht genau ablief, bleibt bis heute ein Rätsel…
Wir werfen einen Blick auf die Tageskarte, und ich entscheide mich für Ceviche vom Wolfsbarsch mit Tigermilch, Lardo, Crudo, Orange, Basilikum, Mascarpone und Burrata. Als Hauptgang wähle ich das Rinderfilet mit Knoblauchmousseline, karamellisierten Zwiebeln, Eierschwammerln und Radicchio. Alles schmeckt absolut köstlich! Zum Nachtisch darf natürlich die Käseplatte mit dem berühmten Alkmaar-Käse nicht fehlen.
Spannende Gefängnisführung mit einer ehemaligen Wärterin
In der Lobby treffen wir Ineke Haan, die früher 15 Jahre lang als Justizvollzugsbeamtin im Gefängnis „Schutterswei“ gearbeitet hat – und zwar bei den „harten Jungs“, die zwischen sechs Monaten und lebenslang hinter Gittern saßen. Bei der zierlichen Ineke, einer Mutter von drei Kindern, kann man sich das kaum vorstellen. Sie erzählt uns viel über die Geschichte des Gebäudes. Die hübsche Lobby, heute im Salon-Stil mit blauen Wänden, Spiegeln, Kronleuchtern, Sesseln und einem Flügel eingerichtet, war früher die Wohnung des Gefängnisdirektors. Gleich beim Empfang befand sich damals die Isolierzelle. Ineke zeigt uns auf ihrem Handy noch alte Fotos aus ihrer Zeit hier.
In der Remise, wo heute Lebensmittel gelagert werden, befand sich früher ein Schleusensystem für die Häftlinge. Hier wurden die Gefangenen nach Drogen durchsucht. Interessant: In der Gefängnisküche arbeiteten damals ebenfalls Häftlinge – ein begehrter Job, der nur den Elite-Gefangenen vorbehalten war. Ineke hat viele Geschichten auf Lager, sowohl schlimme Erlebnisse als auch lustige Anekdoten. Zum Beispiel beteuerten die meisten Insassen, dass sie unschuldig seien. Sie lacht und sagt: „Ich habe immer gesagt, dass ich am liebsten mit 120 Unschuldigen arbeite.“
Ineke erklärt uns auch die Zellentüren: Wenn eine Tür kaputt war, griff das niederländische „Recht zur Freiheit“, was bedeutete, dass ein Ausbruch nicht bestraft wurde, wenn die Tür defekt war – ein Gesetz, das bis heute gilt! Nur das Durchsägen von Gitterstäben wird geahndet. Ineke erzählt auch vom spektakulären Fluchtversuch, der auf dem Etikett des „Boevenbiers“ verewigt ist, und dass die meisten Ausbrecher bereits am nächsten Tag wieder gefasst wurden.
Rückblickend beschreibt sie das Gefängnis als „klein und persönlich“. Der berühmteste Insasse war übrigens Willem Holleeder. Schade findet sie, dass keine Zelle originalgetreu erhalten wurde, aber alte Fotos kann man auf der Website einsehen. Heute denkt sie gerne an die Zeit zurück – doch sie sitzt immer noch mit dem Rücken zur Wand, eine alte Gewohnheit aus ihrer Zeit als Justizbeamtin.
Übrigens: In dem Bettentrakt, in dem ich heute schlafe, saßen nicht die gefährlichsten Gefangenen … irgendwie beruhigend. Mit diesem Gedanken gönne ich mir noch einen Jail Gin in der Hotelbar, bevor ich mich in meiner „Zelle“ schlafen lege…
In Sachen Transparenz: Vielen Dank an Visit Alkmaar für die Unterstützung und Planung unseres Aufenthalts (Werbung, da Pressereise). Wir stellen nur Erlebnisse und Aktivitäten vor, die wir selbst getestet haben und die wir Freunden empfehlen würden!